Barmherzigkeit nur für Erwachsene

Barmherzigkeit nur für Erwachsene
Wednesday 24 May 2006

Sehr geehrte Alice Miller,

seit einiger Zeit lesen meine Frau und ich mit großem Interesse Ihre Bücher und haben zunächst eine ganz praktische Frage: Gibt es im Raum Köln/Bonn eine Therapeutin/ Therapeuten, der bekannter Maßen kein Anhänger der “Schwarzen Pädagogik” ist und den man zur Aufarbeitung der Eltern-Kind-Vergangenheit aufsuchen könnte.

Als evangelischer Pfarrer der Rheinischen Landeskirche stellt sich mir im Hinblick auf den im kommenden Jahr in Köln stattfindenden Kirchentag (6 -10.06.2007) die Frage, ob das Themas “Erzieherische Gewalt gegenüber Kindern” bzw. eine Aktion, Podiumsdiskussion etc. zur Ächtung der weltweiten Gewalt gegen Kinder nicht dringend auf die Tagesordnung gehört. Ich gehe nicht davon aus, dass es zu Jubelstürmen kommen wird und vermute auch in der evangelischen Kirche eine Tendenz zur Zurückhaltung gegenüber diesem Thema. Aktionen gegen Zwangsprostitution im Rahmen der WM 2006 fallen schon leichter, oder solche gegen Kinderarbeit.
Vielleicht habe Sie ja Lust, gemeinsam etwas Kreatives und auch für den Evangelischen Kirchentag noch nicht Dagewesenes mit zu initieren.

Mit freundlichen Grüßen

Pfr. T. R.

AM: Leider habe ich keine Adressen von Therapeuten, die sich vom Einfluss der Schwarzen Pädagogik befreit haben und ihre traumatische Kindheitsgeschichte aufarbeiten konnten. Daher habe ich zur Orientierung die FAQ Liste auf meiner Website publiziert.
Ich freue mich, dass Sie etwas gegen die Gewalt in der Erziehung unternehmen möchten und kann ihnen sehr empfehlen, meine Flugblätter (vor allem die 12 und die 21 Punkte) zu vervielfältigen und zu verteilen. Nachdem meine Versuche, den früheren Papst auf die gehirnschädigenden Folgen des Schlagens kleiner Kinder aufmerksam zu machen, gescheitert sind, habe ich auch den neuen Papst zweimal deswegen angeschrieben. Mit dem gleichen Misserfolg: eine Bestätigung des Empfangs meiner Briefe und Schweigen. Ist es den Kirchenleuten verboten das Leiden der kleinen Kinder zu sehen und mit ihnen Mitgefühl zu haben? Warum eigentlich? Wie erklären Sie sich dieses hartnäckige Schweigen? Wie lässt sich das mit dem Prinzip der christlichen Barmherzigkeit vereinbaren? Warum verdienen nur Erwachsene unsere Barmherzigkeit und nicht die kleinen Kinder? Ist diese emotionale Blindheit tatsächlich unheilbar?

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet