“Gehirnwäsche” vom 05. Februar 2008

“Gehirnwäsche” vom 05. Februar 2008
Thursday 07 February 2008

Liebe Alice Miller,

ich lese Ihre Bücher seit einem knappen Jahr und danke Ihnen sehr für Ihre leider immer noch unterschätzte Lebens-Arbeit. Mein Weg der Erkenntnis gleicht so vielen mutigen Beschreibungen von tapferen Menschen auf Ihrer Website. Wie sie, bin ich ebenfalls als Kind durch die Hölle gegangen und hatte auf meinem weiteren Lebensweg als erwachsener Mensch in einem künstlerischen Beruf die Fähigkeit verloren, in Bildern zu denken und dies zum Ausdruck zu bringen. Durch die beharrliche, kreative und vor allem humorvolle Zusammenarbeit mit einer inzwischen verstorbenen Ärztin, ist es mir gelungen, ein neues Vertrauen in mich und meine Kreativität zu setzen. Ich habe von ihr einige Sätze gehört, die ich später in Ihren Büchern wieder gefunden habe.

Die Ansicht Ihrer Bilder zeigt, dass es möglich ist, dem Grauen Schönheit und Anmut entgegen zu setzen, und sich dadurch seinen Wahrheiten stellen zu können. Gestern las ich den Text der o. g. genannten E-Mail und war tief berührt. Er erklärt die äusserst anstrengende, aber letztlich auch erfolgreiche Arbeit eines gepeinigten und gedemütigten Menschen, dem die Klarheit der Erkenntnis, die sich in der qualvollen Aufzählung der destruktiven Programmierungen findet, wirklich weiter geholfen hat. ‘Denn von diesen Lügen innerlich geleitet zu werden bedeutet, mit angezogener Handbremse durchs Leben zu fahren’ ist ein prägnanter Satz über den emotionalen Betrug kranker Eltern an ihren Kindern. Er zeichnet zudem ein Bild und bietet Hoffnung auf Freiheit durch den Ausbruch aus familiären Konzentrationslagern.

Ihre Bücher und die Veröffentlichungen auf Ihrer Website werden mich weiterhin begleiten. Sie unterstützen mich in meiner Arbeit mit Kindern und Erwachsenen (Mal- und Zeichenunterricht) und geben mir den Mut, Erinnerungen durch zu stehen. Ich vertraue nun wieder meinem schöpferischen Forschungsvermögen.

CG

AM: Danke für Ihren Brief und den wichtigen Satz, der so vieles beleuchtet. Ja, die Erwachsenen durften sich aus den Konzentrationslagern befreien lassen, und viele Menschen zeigten ihnen Mitgefühl. Aber wenn sich ehemalige Kinder aus den Lügen ihrer kranken und krankmachenden Eltern befreien, dann wird ihnen Feindseligkeit entgegengebracht, und sie müssen sich erneut schuldig fühlen. Gut, dass Sie den Vergleich zu den Lagern gemacht haben, das kann vielen helfen, sich nicht beirren zu lassen und nicht die Eltern zu bemitleiden, wenn diese gar nichts über die eigene Kindheit wissen wollen.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet