Den Schleier wegziehen
Thursday 07 December 2006
Sehr geehrte Frau Dr. Miller,
mit großem Interesse las ich Ihr Buch, die Revolte des Körpers. Jetzt würde mich doch folgendes interessieren:
meine Mutter ist 93, körperlich sehr gesund aber dement. Ich bin das 3. von 7 Kindern und pflege meine Mutter. Ich bin zu Ihr in das Haus gezogen, in Ihre 140m² große Wohnung. ja ich bin als ihre liebesuchende Tochter zum 3. mal nach Hause gekommen. Leider, aber ich wollte meine Familienbeziehungen klären, die ich nach 7 Therapiejahren noch immer in mir feststecken und ich mich überhaupt nicht an meine Kindheit erinnern kann. Ich weiß ich habe vieles in meinem Kopf verdreht und finde keine Ruhe. es muß irgendetwas geklärt werden.
Inzwischen bin ich nun die Mutter meiner Mutter, sie verhält sich wie ein Kleinkind und ich wie die Mutter die sie wohl zu mir war. Es ist der reine Psychotrip und ich habe alle Hoch´s und Tief´s durch. Meine Mutter ist jetzt in einem Heim angemeldet weil ich mein Leben leben möchte.
Wie und wo finde ich wohl einen geeigneten Zuhörer?
in der Hoffnung von Ihnen zu hören
mit freundlichen Grüßen, A. T.
AM: Sie schreiben, dass Sie „Ihr Leben leben möchten“. Dafür ist es jetzt höchste Zeit, und Ihr natürliches Geburtsrecht erlaubt Ihnen, dies zu realisieren. Auch Ihre Begabung. Denn wenn es Ihnen möglich war, nur nach einem einzigen Buch dieses Recht wahrzunehmen, dann haben Sie alles, was es braucht, um sich aus Ihrer Sklaverei zu befreien. Allerdings muss man sich fragen, was in den sieben Jahren Ihrer Therapie geschah. Ob diese Sie nicht davon ABGEHALTEN hat, zu erkennen, wie Sie als kleines Kind gelitten haben, und Ihnen lediglich half, Ihre Wahrheit vor sich selber noch gründlicher zu verschleiern. Nun geht es darum, den Schleier wegzuziehen, was Sie ja bereits teilweise getan haben, als Sie beschlossen, sich den Tatsachen im Haus Ihrer Mutter zu stellen. Der nächste Schritt ist die von Ihnen geplante Handlung, die Platzierung der Mutter im Heim, aber darauf müsste die Begegnung mit dem kleinen Mädchen folgen, das seit Jahren darauf wartet, endlich erzählen zu dürfen und angehört zu werden. Im Dialog mit diesem Kind, das bisher GANZ ALLEIN, ohne Begleitung, gelitten hat, wird sich Ihr Wunsch erfüllen: IHR LEBEN ZU LEBEN.