Partnerhilfe

Partnerhilfe
Tuesday 18 March 2008

Sehr geehrte Frau Miller,

ich lese gerade zum ersten Mal eines Ihrer Bücher. Ich habe mich schon viel beschäftigt mit dem Thema inneres Kind und auch dem Mißbrauch in der Kindheit. Ich selber bin betroffen. Endlich etwas das mich versteht und das ich verstehe.

Nun möchte ich gleich auf den Punkt kommen. Ich bin nun 49 Jahre alt und immer wieder passiert es mir, dass ich nach etwa 6 bis 7 Jahren in einer Beziehung in ein völliges Disaster falle. Dann gibt es eine Trennung und ich fange dann wieder von vorne an. Mit einer anderen Partnerin.

Nun bin ich wieder in einer Beziehung und wieder sind etwa 6 Jahre um und wieder stehe ich kurz vor einer Trennung. Ich denke das hier vieles aus der Kindheit greift. Auf beiden Seiten. Bei mir und auch auf der Seite meiner Partnerin. Es wird hier sehr viel Emotion auf den Anderen geladen und somit Projektionen gesehen. Es kommen so viele Kindheitserlebnisse hoch, daß es kaum noch auszuhalten ist. Auf beiden Seiten.

Um die Kindheitstraumen zu bearbeiten schlagen Sie einen Fachmann vor.

Meine Frage nun: Ist der Partner nicht auch in gewisser Weise ein Therapeut? Kann ich nicht auch mit dem Partner diese Geschichten der Kindheit bearbeiten, da er ja so gut in mein Leben hinein geschaut hat und weiß wie es in mir aussieht? Kann es gehen? Und wenn ja wie? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen, O. C.

AM: Ein Therapeut sollte nicht emotional abhängig sein vom Patienten. In der Partnerschaft lässt sich das nicht verwirklichen. Aber im Idealfall kann man sich gegenseitig helfen, wenn beide Teile ehrlich an ihrer Vergangenheit arbeiten. Das müssten Sie ausprobieren, ich kann Ihnen hier keine Ratschläge geben.
Wenn ich Therapeuten kennen würde, die Respekt genug hätten, um Ihre Fragen zu beantworten; die frei genug wären, um ihre Empörung über das zu zeigen, was Ihre Eltern Ihnen angetan haben; empathisch genug, wenn die seit Jahrzehnten in Ihrem Körper angestaute Wut es braucht, frei zu werden und von Ihnen ausgedrückt zu werden; weise genug, um Ihnen nicht Vergessen, Vergebung, Meditation und positives Denken zu predigen; ehrlich genug, um Ihnen nicht leere Worte wie Spiritualität anzubieten, wenn sie vor ihrer eigenen Geschichte Angst haben, und die nicht Ihre lebenslangen Schuldgefühle noch vergrößern – dann wäre es mir mit Sicherheit eine Freude, Ihnen ihre Namen, Adressen und Telefonnummern zu geben.
Leider kenne ich sie nicht, doch ich möchte immer noch hoffen, dass es sie gibt. Wenn ich jedoch im Internet nach ihnen suche, dann finde ich jede Menge esoterischer und religiöser Angebote, sehr viel Verleugnung, kommerzielle Interessen, traditionelle Fallen, jedoch ganz und gar nicht das, wonach ich suche. Aus diesem Grund gab ich Ihnen mit meiner FAQ Liste ein Werkzeug, damit Sie Ihre eigenen Forschungen anstellen können. Wenn ein Therapeut sich weigert, Ihre Fragen von Anfang an zu beantworten, dann können Sie sicher sein, dass Sie Zeit und Geld sparen, wenn Sie ihn verlassen. Wenn Sie es aus Angst vor Ihren Eltern nicht wagen, Ihre Fragen zu stellen, mag Ihre Angst höchst verständlich sein. Es könnte allerdings nützlich sein, es dennoch zu versuchen, weil Ihre Fragen wichtig sind und Sie nur gewinnen können, wenn Sie den Mut haben, sie zu äussern.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet