ICH bin die Tochter
Tuesday 04 November 2008
Guten Tag Frau Miller, Ich bin seit einigen Monaten bei einer sehr guten Therapeutin, die mir Ihr Buch “Das Drama des begabten Kindes” empfohlen hat. Ich schliesse mich sehr vielen Lesern an die sagen: ja, Sie haben genau mich beschrieben… Ich bin dabei, nach und nach Ihre Leserpost der vergangenen Monate zu lesen – Briefe und Antworten die mich sehr berühren, mir helfen ein kleines Stück meines Weges zu gehen und die mir Antworten auf eine Reihe meiner Fragen geben. Sie antworten in einem der letzten Briefe, “dass ich als Erwachsene wütend sein darf auf eine Mutter, die mich grausam behandelt hat. Dass die Wut mir helfen wird, diese Mutter zu erkennen und aufzuhören, Liebe von ihr zu erwarten.” Doch wie gehe ich mit einer Mutter um die mir nun – als immer freier werdende Erwachsene – mehr und mehr als verletztes und schutzbedürftiges Kind und nicht als Erwachsene entgegen tritt? Die fast kindlich um Liebe ihrer erwachsenen Tochter bettelt? Wie schaffe ich es, sie nur als meine, mich lange lange Zeit verletzende, Mutter zu sehen? Sie manövriert mich hier in eine Position die ich nicht will, die mir auf keinen Fall zusteht und mit der ich darüber hinaus nicht umgehen kann und NICHT umgehen WILL!!! Wenn ich Sie richtig verstanden habe ( ich will es einmal so ausdrücken ) wirft mich jegliche Form von Mitleid und Mitgefühl meiner Mutter gegenüber in meiner eigenen Entwicklung um Lichtjahre zurück. ICH bin die Tochter und SIE hat mir weh getan – wie kann sie von mir erwarten, dass ich sie – das Kind in ihr – jetzt bei der Hand nehme und ihr helfe?! Ich weiss, sie ist mittlerweile eine ältere Frau geworden, doch ich denke mit meinem Empfinden und meiner Einschätzung, dass das Kind in ihr um Hilfe schreit und nicht allein gelassen werden will, liege ich richtig. Ich sage: sie muss sich um sich selbst kümmern und ihre Verantwortung sich selbst, ihrem Leben und auch mir gegenüber übernehmen! Ich hoffe ich kann und darf das so sicher, souverän UND WÜTEND sagen??! Danke
AM: Sie haben recht: SIE sind die Tochter und Sie waren als KIND von Ihrer Mutter gequält. DIESE Erinnerung sitzt in Ihrem Körper und will angehört und ernst genommen werden. Wenn Sie sie unterdrücken, indem Sie sich erpressen lassen, können Sie nicht frei werden. Ihre Mutter muss da hinschauen, wo sie gequält wurde. Dafür tragen Sie keine Verantwortung.