Hilfe
Wednesday 18 January 2006
Berlin, den 18.01.2006
Liebe Frau Miller,
ich hege die stille Hoffnung, dass Sie persönlich diesen Brief lesen werden, weil Sie für mich ein „wissender Zeuge“ sind, obwohl sie nicht persönlich in meiner Kindheit anwesend waren.
Ich habe soeben spontan beschlossen, Ihnen einen Brief zu schreiben, weil ich gerade wieder an etwas gestoßen bin, das mich sehr unglücklich macht und nicht gerade dazu beiträgt mein Problem zu bewältigen. Es ist vor allem mein Beruf, den ich nur sehr widerwillig ausführe u. der mich daran hindert einen anderen Beruf zu ergreifen, der mir wirklich liegt und der für mich eine wirkliche Berufung darstellt. Können Sie das verstehen?
Ich habe viele Ihrer Bücher mit großer Begeisterung gelesen und tue das auch weiterhin. Dadurch ist b! ei mir eine Tür geöffnet worden, die meine Eltern bestimmt weiterhin geschlossen halten würden, wenn sie könnten.
Gerade die Frage nach dem Baum der Erkenntnis in Ihrem Buch „Evas Erwachen“ hat mich zum Nachdenken inspiriert. Ist nicht dieser Baum ein Widerspruch in sich? Wie soll man etwas erkennen – begreifen – was man nie ergriffen hat?
Mein gegenwärtiger Schwebezustand ist nicht leicht zu ertragen. Ich will endlich wissen, was mit mir los ist und warum ich oft so trübsinnig bin. Zu meinem Leidwesen habe ich auch schon leichte Zwänge, die mich noch unglücklicher machen. Was ist bloß los mit mir?
Leider bin ich auch ein Opfer der „schwarzen Pädagogik“ mit allem was dazu gehört und weiß manchmal nicht wie ich mit meiner Vergangenheit und der Gegenwart umgehen soll. Auch weiß ich manchmal nicht, wie ich meine Zukunft eigentlich gestalten möchte.
Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Erst durch meine Kinder bin ich in die Lage versetzt worden, mich mit meiner eigenen Kindheit intensiver zu beschäftigen. Ich suche seitdem nach einem Menschen, der meine Sorgen und Nöte versteht.
Am liebsten würde ich Ihnen meine gesamte Biographie erzählen, aber ich weiß, dass sie dafür kaum Zeit hätten. Apropos Zeit, gerne hätte ich mir früher eine Mutter gewünscht, die mir mal so richtig zugehört hätte. Stattdessen wurde einem immer gesagt; „Keine Zeit, keine Zeit!“ Dadurch wurde mir auch der Eindruck vermittelt, dass das gesamte Leben nur eine Hetzerei ist.
Ich habe bereits eine Therapie hinter mir, von der ich zwar glaube, dass sie mir schon geholfen hat, aber trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass wir da eher nur an der Oberfläche gekratzt haben u. nicht wirklich zum Kern meiner Problem vorgedrungen sind.
Meine Frage an Sie, liebe Frau Miller, ist: „WER kann mir hier in Berlin helfen, herauszufinden, was geschehen ist und dieses Gift zu neutralisieren, das mir bereits in frühester Kindheit injiziert wurde?
Nachdem ich das Buch „Evas Erwachen“ von Ihnen gelesen habe, glaube ich nicht mehr daran, dass man auch mit den besten „Verschreibungen zum Glücklichsein“ nicht glücklich werden kann, wenn man die Ursache des Übels nicht lokalisiert u. unschädlich gemacht hat.
Es ist wie mit dem allerbesten Lack, den man auf eine Oberfläche aufträgt, dessen Untergrund aber nicht genügend vorbereitet wurde. Er wird bald wieder abblättern.
Ich würde mir wünschen, zu erfahren, wie ich aus dieser Wiederholungsschleife herauskomme.
Wenn nicht Sie mir einen guten Rat geben können, dann kann es keiner. Bitte helfen Sie mir.
Sie sind für mich eine große Hoffnung!
Mit dem größten Vertrauen in ihre Kunst einem gescholtenen Kind zu helfen.
J.M.
P.S.: Ich bin 38, verh. Zwei Kinder (6 u. 8), habe Biotechnologie studiert (hat keinen Spaß gemacht), übe einen Beruf aus, der mir auch keinen Spaß macht, Hobbys: Schreiben, lesen, Sport, Natur, malen, fotografieren, u. a.
AM: Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen. An Ihrer Stelle würde ich versuchen, mein letztes Buch “Die Revolte des Körpers” (TB 2005) aufmerksam zu lesen, dann meine letzten Artikel auf dieser Seite. Zuletzt würde ich die FAQ – Liste lesen und mir einen Therapeuten suchen, der gerne Ihre Fragen beantwortet. So bekommen Sie die Chance, einen wissenden Zeugen als Therapeuten zu finden, der das Leiden seiner Kindheit kennt und Ihnen Ihres nicht im Namen irgendwelcher Theorien (oder aus Angst vor seiner eigenen Geschichte) ausreden muss. Ich wünsche Ihnen viel Glück und Mut, Ihre Fragen zu stellen!