Empathie

Empathie
Tuesday 12 December 2006

Liebe Frau Miller,
mich beschäftigt gerade ein thema, bei dem mich Ihre meinung sehr interssieren würde, wenn immer mehr menschen die wahrheit über ihre kindheit und ihren gefühle ertragen und anerkennen könnten, und wenn immer mehr menschen die fakten über zusammenhang zwischen kindheit und gegenwart und somit zukunft erkennen würden, dann würde sich die gesamte welt mit der zeit ändern. das ganze wirtschaftssystem, alle systeme überhaupt würden sich ändern. z.b. die ganze tabak und alkoholindustrie würde verschwinden (weil destruktvie verhaltensweisen verschwinden würden), es würde keine ärzte mehr geben, die 48 stunden dienste mehr absolvieren würden, weil sich niemand mehr genug selbst hassen würde um sich so zu quälen, es würde keine leistungssportler mehr geben (aus demselben grund, weil sich niemand mehr genug selbst hassen würde um sich so zu quälen). es würde kein weizen mehr verbrannt werden nur um den marktwert stabil zu halten. es würde nicht mehr darum gehen immer mehr gewinn zu machen finanziell, weil niemand mehr dadurch endlich seinen eltern (leistungsanspruch) gerecht werden wollen würde. es würde keine kriege mehr geben, weil niemand mehr seine verdrängten wut und haßgefühle an unschuldigen ausleben müsste. es würde keine verbrechen mehr geben. keine vergewaltigungen, keine morde, somit würden ganze berufsgruppen verschwinden (wie z.b. polizisten) in jedem fall würden sich ganze berufsgruppen umstrukturieren. zusammengefasst: es würde sich schritt für schritt alles ändern. wir sind leider sehr weit davon entfernt, weshalb so eine überlegung auch sehr weh tut. weshalb jedoch die wichtigkeit des engagements jedes einzelnen, zur verbreitung des wissens umso deutlicher wird!
Glauben Sie, daß berufe in denen geholfen wird, auch verschwinden würden? z.b. kranke zu betreuen, alte menschen zu betreuen, ärzte, oder würde die empathie steigen? gehört nicht zu einem helfenden beruf auch immer ein stück selbstaufgabe dazu bzw. verarbeitung der eigenen geschichte bzw. könnte man sich ja nciht in hilfsbedürftige menschen einfühlen, wenn man selbst nie hilfsbedürftig war?
Mit lieben Grüßen, V

AM: Leider verstehe ich Ihre Frage nicht und kann sie daher nicht beantworten. Meinen Sie, dass ein Mensch, der in Liebe, Respekt und Achtung aufgewachsen ist, niemals das Gefühl der Hilflosigkeit erleben musste? Und meinen Sie, dass man ohne diese Erfahrungen nicht das Bedürfnis haben kann, jemandem zu helfen?

Ist das doch sehr ausgeprägte soziale engagement, das ein teil der menschen an den tag legen, eventuell auch eine folge der entwicklung der menschheit an sich, und ist nicht etwas angeborenes. bzw. wo ist die grenze zwischen selbstaufgabe und “natürlichem helfen”.
Liebe Grüße. V

AM: Ich denke, dass die Fähigkeit zur Empathie angeboren ist, sie wird aber (fast) zerstört, wenn das Kind lernen muss, seine Gefühle und Bedürfnisse zu missachten und Grenzüberschreitungen zu tolerieren. Dann hat es keine Empathie mehr mit sich selbst. Doch diese ist die Voraussetzung der echten “Nächstenliebe”. Die Aufopferung aus Gehorsam und aus dem Bedürfnis nach Anerkennung, die mit Selbstverleugnung dahergeht, lebt nicht aus dieser natürlichen Empathie.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet