Träume als Wegweiser

Träume als Wegweiser
Tuesday 11 October 2005

Sehr geehrte Frau Miller
Ich habe relativ viele Psychologiebücher gelesen angefangen mit Freud als ich 19 war, später Rogers, Lauster etc. Zum Glück bin ich auf Ihre Bücher gestossen, es sind die besten Psychologiebücher die ich je gelesen habe und ich habe alle gelesen, da mein älterer Bruder ein Hitlerfan ist, war das Buch Am Anfang war Erziehung sehr aufschlussreich für mich. Auch ich habe eine Odysee Therapien hinter mir, ausser mein Geld bin ich nichts losgeworden. Eine Therapeutin (nicht an der Uni studiert) konnte mir weiterhelfen, ich habe gelernt mein eigenes Leben zu leben. Durch meine Tochter wurde ich auch mit der Hellinger-Therapie konfrontiert, ich halte absolut nichts von dieser Therapieform (Hellinger = Versöhnungstheorethiker) Einige dieser Therapeuten sind Theologen. Mein Sohn ist authistisch, die Geburt dauerte 12 Stunden und er kam blau auf die Welt, trotz diesem Faktum hatte ich Jahre lang
ein schlechtes Gewissen meinem Sohn gegenüber, ich habe meine Kinder nie geschlagen doch sicher auch Fehler gemacht. Ich bin jetzt 62 und habe jede Nacht Alpträume nicht in Form von Bildern, die Träume sind reale Erlebnisse und konfliktgeladen, kein Therapeut kann mir diese Träume wegzaubern und von Freuds Traumdeutung halte ich nichts. Ich muss einfach mit diesen Alpträumen leben, im Wachzustand geht es mir gut obwohl ich seit Jahren den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen habe, ich wurde als kleines Kind von ihr misshandelt, bin sehr nachtragend, habe ihr
nicht verziehen, habe auch keine Schuldgefühle meinen Eltern gegenüber. Meine ältere Schwester beging Suizid als die 53 war, meine 2 Brüder besuchen jeden Sonntag meine Mutter im Altersheim. Wenn ich meinen jüngeren Bruder frage, was er tut, wenn seine Mutter stirbt ist die Antwort: dann gehe ich mit ihr ins Grab. Dank der Therapie bei einer Frau kann ich mich besser abgrenzen, lasse mich nichtmehr verwickeln und bin mir selbst eine gute Mutter, dank helfenden Zeugen in meiner Kindheit habe ich ein natürliches Gerechtigkeitsgefühl entwickelt und Ihre Bücher sind auch für mich Therapie. Ihr Forum im Internet ist spannend und ich hoffe auf noch mehr Bücher von Ihnen. Sie sind eine mutige Frau ohne überheblich zu sein.
Mit freundlichen Grüssen. H.R.

A.M.: Es ist erstaunlich und kommt selten vor, dass eine Frau, die in der Kindheit schwer misshandelt wurde, so viel Klarheit und Einsicht gewonnen hat. Offenbar lassen Sie sich Ihre Geschichte in den Träumen erzählen, ohne sie zu leugnen. So leben Sie mit Ihrer Wahrheit, die Ihnen niemand wegzaubern kann, natürlich. Doch mit der Zeit werden es einfach nur Träume sein und keine Alpträume mehr, wenn Sie deren Informationen einordnen und ernstnehmen können.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet