Der Wunsch, verstanden zu werden

Der Wunsch, verstanden zu werden
Thursday 16 July 2009

Hallo nochmal Alice Miller,
ich hatte Ihnen letztens geschrieben, wie ich durch monatelange Neuroleptikaeinnahme eine Verschlimmerung des Leidendrucks bzw eine Symptomverschiebung von starken Ängsten/Paranoia zu schlimmen Depressionen (extreme Verneblung, Zudröhnung, abnorme Müdigkeit/Schlappheit, das Gefühl totkrank zu sein etc) erfuhr.
Ich bin nun extrem sauer auf die gesamte Psychiatrie! Leider bin ich seit Jahren wegen schlimmen Symptomen erwerbsunfähig und nicht gerade lebensfähig und beziehe Sozialhilfe, da wird man leider unter Druck gesetzt, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben, was ich leider dann auch tat mit verheerendem Ergebnis!
Ich habe mich nun entschieden, keine Psychopharamaka mehr zu nehmen und habe der psychiatrischen Tagesklinik, wohin ich sollte, abgesagt! Die Psychopharmaka haben mein inneres Kind unterdrückt und alles verschlimmert und psychiatrische Kliniken arbeiten aber mit unterdrückenden Medikamenten und totaler Schwarzpädadgogik. Da nehme ich lieber in kauf, daß ich Ärger mit dem Sozialamt kriege als mich dem weiterhin auszusetzen.
Ich war sehr verzweifelt und ertrank sozusagen in dem Leid, das mein inneres Kind mir ausdrückte. Nun ist mir aber klar geworden, daß die schlimmen Symptome, das Leid, das ich spüre, das ist, was das Kind in mir mir erzählen will von dem was es erlebt hat und daß es wichtig ist, statt in dem Leid zu ertrinken oder aber es zu unterdrücken durch schwarzpädagogische Psychiater und Medikamente, daß ich mich dem zuwende was das Kind mir erzählt und die Gefühle dazu zulasse bzw dem Kind erlaube und mir die immense Wut auf die die mir das angetan haben und die Trauer/Empörung darüber zulasse. Komischerweise spüre ich seitdem mir das nochmal klar wurde eine gewisse innere Stärke, obwohl die Symptome deshalb nicht unbedingt zurückgehen, werden diese mich dennoch ein Leben lang begleiten und kann ich lediglich lernen, eine gewisse innere Stärke zu erreichen um damit anders umzugehen, also indem ich meinem inneren Kind immer wieder dabei zuhöre oder kann es sein, daß das Kind dann auch aufhört, seine Geschichte durch Symptome auszudrücken?
Nun bin ich noch in ambulantem betreuten Wohnen, auf freiwilliger Basis, wo ich eine Sozialarbeiterin habe, zu der ich einmal pro Woche gehe, die mit mir Alltagsschwierigkeiten bespricht, wie ich Haushalt, etc bewältigen kann..diese ist aber sehr dafür, daß ich Psychopharmaka nehme und in psychiatrische Behandlung gehe, wollte auch daß ich in die Tagesklinik gehe..sie versteht wie fast alle nicht, wie sehr aber die Psychiatrie/Medikamente schaden in Wahrheit. Nun bin ich mir unsicher, ob ich auch dieser Betreuerin kündigen soll, oder weiterhin zu ihr gehen, denn andererseits ist sie schon sehr nett und irgendwie stützend. Habe gleich einen Termin bei ihr und schon richtig Angst davor ihr zu sagen, daß ich die Tagesklinik abgesagt habe, daß ich nun nie mehr Tabletten nehmen will und stattdessen mir nur wenn überhaupt einen Traumatherapeuten suchen werde, daß das dann fiese Diskussionen gibt, ob sies akzeptiert und mir den freien Willen da überläßt oder nicht..:-O
Mit freundlichen Grüßen, KS

dies ist die Antwort meiner Betreuerin:

natürlich respektiere ich ihre Entscheidung.
Ich denke, für den mutigen Weg, sich selbst zu begegnen, mit all den oftmals auch schmerzhaften Erfahrungen, ist eine gute Begleitung notwendig! Deshalb kann ich sie nur bestärken, sich nun hartnäckig um eine Therapie zu bemühen.
Ich finde ja nicht, dass sich ihre Sichtweise mit einer tagesklinischen Behandlung widersprechen muss, da eine Alltagsstrukturierung und auch therapeutische Angebote unterstützend sein können.
Nun gut, ihre Entscheidung, sich selbst liebevoll zuzuhören gibt ihnen Energie und ich wünsche Ihnen, dass dies trägt!”
Anscheinend respektiert sie meine Entscheidung also den Weg zu gehen wie ich will oder? Auch wenn sie weiterhin meint Tagesklinik sei kein Widerspruch, was aber nicht stimmt.KS

AM: Wie haben Sie sich doch Mühe gegeben, sich verständlich zu machen, doch offenbar vergeblich. Diese Frau lässt sich nicht bewegen, hat ihren “Standpunkt” und wünscht ihnen, dass Ihre Entscheidung “hält”. Und Sie scheinen kein bisschen enttäuscht oder verärgert zu sein. Haben Sie als Kind je erfahrenn, dass Ihre Eltern Ihr Anliegen verstanden haben, obwohl Sie so klar sprechen? Zum Glück wissen Sie schon AUS IHRER EIGENEN ERFAHRUNG, was Ihnen gut tut und was nicht und brauchen nicht Leute um Rat zu fragen, die weniger über Sie wissen als Sie selbst. Mit der Zeit werden Sie vermutlich aufhören, anderen Dinge erklären zu müssen, die diese nicht verstehen können, Dinge, die Sie von Ihrem Körper gelernt haben, der für Ihr kleines Kind spricht.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet