Mails an Online-Zeitschriften

Mails an Online-Zeitschriften
Tuesday 04 December 2007

Hallo Frau Dr.Alice Miller,

ich wollte Ihnen nur noch mal mitteilen, daß ich mich dazu überwinden konnte, Mails an verschiedene Online-Zeitschriften zu senden. Es handelt sich dabei um wissenschaft.de, bild der wissenschaft, Zeitschrift Eltern, Zeitschrift GEO, Zeitschrift Focus und br-online. Eine hoffnungsvolle Antwort bekam ich bisher von bild der wissenschaft: „danke für Ihren Hinweis auf die Arbeiten von Perry und Teicher. Das klingt wichtig und interessant und ich werde die Sache im Auge behalten.“, von GEO mit dem Hinweis, daß dort regelmäßig aus der aktuellen psychologische Forschung berichtet wird und von Focus, daß wenn ein Beitrag erscheint, mir bescheid gegeben würde. Ich füge hier den Text der Mails an, Sie können ihn auch gerne veröffentlichen (vielleicht als Beispiel zur Nachahmung), bzw. wollte ich ihnen auch nur mitteilen, daß ich nicht untätig war bezüglich meines Leserbriefes vom 10.Oktober.

Mit freundlichen Grüßen

W.S.

Sehr geehrte Damen und Herren der Online-Zeitschrift …

Ich litt vor einigen Jahren unter einer schweren Depression die aufgrund einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auftrat und beschäftige mich seither mit dem Thema Psychologie. Heute weiß ich wie viel Fehldiagnosen gestellt werden und falsche Therapien durchgeführt werden. Ein Grund ist, daß Sigmund Freuds Triebtheorien, auf die viele Therapeuten bauen, die Wahrheit verschleiern. Hierzu ein Auszug aus Alice Miller 1981, Fußnote S. 9 und S. 19-61.

Freud hatte ursprünglich in den teilweise noch mit Hypnose durchgeführten Behandlungen entdeckt, daß alle seine Patientinnen und Patienten mißhandelte Kinder gewesen waren und ihre Geschichte in der Sprache der Symptome erzählten (vgl. S. Freud 1896). Nachdem er von seiner Entdeckung im Kreise der Psychiater berichtet hatte, sah er sich mit diesem Wissen, das keiner seiner Fachkollegen mit ihm teilen wollte, vollständig allein gelassen. Diese Einsamkeit hielt er nicht lange aus.

(…)

Doch unser Verständnis für Reich und Freud darf uns nicht daran hindern zu sehen, daß Freud mit seiner Triebtheorie der Menschheit einen großen Schaden zugefügt hat. Statt seine persönliche Not ernst zu nehmen, hat er sich mit Hilfe von Theorien gegen diese Not abgeschirmt. Indem er darüber hinaus auch noch eine Schule gründete und seine Thesen dogmatisierte, schuf er eine Institutionalisierung der Verleugnung, die den Lügen der Pädagogik eine angeblich wissenschaftliche Legitimität verschaffte. Denn die Freudschen Dogmen deckten sich mit der verbreiteten Auffassung, daß das Kind von Natur aus böse und schlecht ist und von den Erwachsenen zum Guten erzogen werden muß. Diese perfekte Übereinstimmung mit der Pädagogik verschaffte wiederum der Psychoanalyse ein hohes Ansehen in der Gesellschaft, und die Unwahrheit ihrer Dogmen blieb lange unbemerkt. (…)

Inzwischen ist aber von Dr. Bruce Perry und dem Forscher Martin Teicher entdeckt worden, daß das Gehirn eines geschlagenen Kindes Läsionen aufweist, die auf den Bildschirmen deutlich zu sehen sind. Somit ist es endlich wissenschaftlich bewiesen, daß das Schlagen kleiner Kinder unter 3 bis 4 Jahren, zur Zeit wenn das Gehirn sich strukturiert, deren Fähigkeit zur Empathie zerstört und somit zur Produktion gewalttätiger Jugendlicher und Erwachsener beiträgt. ( siehe: http://translate.google.com/translate?hl=de&sl=en&u=http://www.childtraumaacademy.com/&sa=X&oi=translate&resnum=8&ct=result&prev=/search%3Fq%3D%2522Dr.%2BBruce%2BPerry%2522%26hl%3Dde%26sa%3DG und http://translate.google.com/translate?hl=de&sl=en&u=http://www.researchmatters.harvard.edu/people.php%3Fpeople_id%3D18&sa=X&oi=translate&resnum=1&ct=result&prev=/search%3Fq%3D%2522Martin%2BTeicher%2522%26hl%3Dde%26sa%3DG ).

Ich frage mich wieso diese Entdeckung nicht dazu führt, daß für mehr Aufklärung in der Bevölkerung gesorgt wird. Das Problem ist, daß die Forscher, die die Läsionen entdeckt haben, nicht die enorm wichtigen Schlüsse daraus ziehen, weil sie vermutlich, wie fast wir alle, geschlagene Kinder waren und dieses Wissen in der Verdrängung halten.

So wende ich mich hiermit an Sie, mit der Bitte dem Thema in der Öffentlichkeit mehr zugänglich zu machen. Wie steht es also mit Terroranschlägen, Genoziden wie in Ruanda, in Jugoslawien und an so vielen anderen Orten jetzt in der Welt? Können wir uns vorstellen, daß Menschen sich in die Luft sprengen wollen, die in der Kindheit geliebt, beschützt und respektiert wurden? Ich bin mir sicher, daß es für die meisten Menschen ein Rätsel ist, warum Menschen einen Boshaften Charakter entwickeln, von der hinterhältigen Tratschtante, bis zum Schlächter von Bagdad.

Auf http://www.mittendrin-magazin.de/archiv/9902/geist.html steht unter anderem:

(…) “Die neuen Erkenntnisse haben in die politische Debatte über frühe Erziehung und Tagesbetreuung eine neue Leidenschaft eingebracht. Entwicklungsexperten sehen einen dringenden Bedarf für Vorschulprogramme zur Stärkung der Gehirnleistung für Kleinkinder in verarmten ländlichen und städtischen Haushalten. Ohne solche Programme, warnen sie, kann die jetzige Politik, Sozialhilfekosten zu kürzen, um Mütter mit Säuglingen und Kleinkindern in die Arbeitswelt zu stoßen, nach hinten losgehen.” (…)

Aber wäre es nicht viel wichtiger daß die Umsetzung so aussehen sollte, daß in der Schulzeit über die Folgen entsprechender Handlungen in der Erziehung aufgeklärt wird, z.B. im Erziehungskundeunterricht, fachübergreifend auch im Biologieunterricht (bei Erklärung des Nervensystems und der Einwirkung der Sinnesreize auf das Gehirn). Diese Aufklärung wäre fundamental für die Entwicklung der Menschheit, besonders hinsichtlich des Friedens und der Kriminalität. Vermutlich könnte mit Vermittlung dieses Wissens auch in 3. Welt-Ländern wesentlich geholfen werden eine bessere Infrastruktur aufzubauen.

Die öffentlichen Medien hätten eine sehr große Mächtigkeit, damit dieses Wissen zum Allgemeinwissen wird. Möglicherweise besteht über Sie die Möglichkeit, daß auf die Politik druck ausgeübt wird, damit die nachfolgenden Generationen in den Schulen darüber aufgeklärt werden. (Dazu wäre es auch günstig, wenn z.B. bei Gewaltverbrechensberichten genauer über die psychischen Hintergründe berichtet wird, was bisher meist nur leicht angerissen wird, damit in der Bevölkerung ein Verständnis für die Ursachen wächst.)

Wenn das geschehen würde, dann wäre es wahrscheinlich so, daß das Militär in den Terrorländern nicht mehr dazu eingesetzt würde um einfach nur Krieg zu führen, sondern um Schulen oder sonstige wichtige Einrichtungen vor Blindwütigen übergriffen zu schützen, die das notwendige Wissen an die Bevölkerung vermitteln, um eine gesunde Infrastruktur zu schaffen. Insbesondere müßte natürlich auch dort das Wissen vermittelt werden, daß Kinder beim Heranwachsen keiner Gewalttätigkeit ausgesetzt werden dürfen, weil sonst das sich strukturierende Gehirn auf negative Weise beeinträchtigt wird.

Der Unterricht an Schulen zur Zeit dient eigentlich nur dazu, auf das Berufsleben Vorbereitet zu werden. Aber zu Problemen in der Familie und deren Ursachen gibt es bisher noch keine Aufklärung. Das könnte nun geschehen, die Frage ist nur, wer setzt sich dafür ein und wann wird es soweit sein?

Die tiefergehende Erforschung der Posttraumatischen Belastungsstörung aufgrund des Terroranschlags am 11. September 2001 führte nun zwar zu mehr Fachwissen, aber ein Wissen das auch in die Breite geht fehlt, was zu mehr Weisheit führen würde. Doch das ist ein Problem der heutigen Zeit. Bisher erfolgt immer noch eine Aufspaltung in Einzelwissenschaften. Die fortschreitende Vertiefung der Fachkenntnisse in Wissenschaft und Technik ermöglicht einerseits hervorragendes Wissen in den Einzelbereichen, aber andererseits geht der Blick für Zusammenhänge verloren. Ist das auch die Ursache für eine immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, weil viel Menschen nicht verstehen warum es böse Menschen gibt? Böse Menschen zu töten, sie wegzusperren oder zu Therapieren alleine hilft nicht weiter. Man muß verhindern daß sie entstehen, um das Problem an der Wurzel zu fassen.

Mit freundlichen Grüßen, W. S.

Meine hauptsächlichen Quellen:

Bücher:

Alice Miller, Am Anfang war Erziehung. 1980.

Eduard de Bono, Laterales Denken 1971

Internet:

http://www.alice-miller.com/leserpost_de.php?lang=de&nid=1536&grp=1007

http://rosw.cs.tu-berlin.de/voelz/PDF/Neuronal.pdf

AM: Besten Dank für Ihre Mitteilung, dass Sie die Zeitschriften zu informieren versuchten. Da besteht immerhin die Hoffnung, dass jemand in der Redaktion aufhorcht und ebenfalls, wie Sie, den Mut haben wird weiterzudenken und sich endlich die Einsicht zu erlauben, dass zwei und zwei vier sind und nicht fünf. Leider ist dieser Mut selten anzutreffen, wenn es um die Folgen von Kindesmisshandlungen geht. Es ist gut, dass Sie sich entschlossen haben, etwas zu unternehmen, um die Medien zu informieren, das ist doch nicht strafbar. Höchstens stösst man auf taube Ohren, aber mit der Zeit wird sich die Wahrheit durchsetzen, es geht gar nicht anders.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet