Wäre es einfacher?

Wäre es einfacher?
Tuesday 15 January 2008

Liebe Alice Miller,

vor etlichen Jahren entwickelte sich auf meinem linken Oberarm eine Stelle in der Größe eines Daumenabdrucks, die ich mir nicht erklären konnte. Manchmal juckte sie, machte aber ansonsten keine Beschwerden. Vorsorglich befragte ich einen Hautarzt. Er meinte, sie sei ungefährlich, er könne sie jedoch mittels einer Laserbehandlung entfernen. Dies lehnte ich ab. Irgendwann stand meine Mutter in meiner Tür, packte mich am Oberarm. Die Erinnerungen waren wieder da. So hatte sie mich immer gegriffen, um mich mit Hilfe eines Handfegers oder der bloßen Hand zu verprügeln. Innerhalb kurzer Zeit war die Stelle verschwunden.

Die wesentlich größeren Revolten meines Körpers, nämlich die Reaktionen auf das Schweigen meiner Mutter und das anderer Menschen, kann ich nicht so einfach bewältigen.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Arbeit. Seit mich Ihre Bücher fanden, bekam ich die Bestätigung, dass ich meinem Körper und meinem Wissen glauben kann.

Wenn ich auf mein Leben zurück blicke, denke ich manchmal, es wäre häufig besser gewesen, die Wahrheit nicht zur Kenntnis zu nehmen oder sie wenigstens zu verschweigen.

Doch was wäre dies für ein Leben gewesen?

Auch ich wünsche Ihnen nachträglich alles Gute zum Geburtstag und weiterhin viel Kraft für Ihre Arbeit. Ich weiß aus eigener Erfahrung, es ist nicht leicht Ihre EINFACHEN WAHREHEITEN weiter zu geben, Doch manchmal gelingt es mir.

Mit lieben Grüßen, G.S.

AM: Vielen Dank für Ihren Brief. Es freut mich, dass Sie die gute Erfahrung mit dem Körper schon gemacht haben, dass er Ihnen eine Erinnerung schenkte und Sie vom Symptom befreit hat. So können Sie ihm vertrauen. Ist das nicht einfacher, als viele Teste machen zu lassen, die nur Angst erzeugen und nichts hergeben? Und schliesslich fragen Sie mit Recht: Was wäre dies für ein Leben, wenn man um keinen Preis wissen wollte? Wäre es wirklich “einfacher”?

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet