Helfende Zeugen

Helfende Zeugen
Tuesday 04 December 2007

Liebe Frau Miller,
meine Kolleginnen und ich unterrichten an einer Fachschule für Sozialpädagogik (ErzieherInnenausbildung) in Lampertheim (Deutschland). Gemeinsam mit unseren Studierenden haben wir uns auf den nicht immer leichten und auch steinigen Weg des Hinterfragens der Ergebnisse erzieherischen Handelns begeben. Ihr Buch „Am Anfang war Erziehung“ dient uns dabei als Anstoß, Initial und Appell für das Verstehen kindlicher Demütigungen durch Erwachsene. In den oft sehr persönlichen und empfindungsreichen Stunden, haben Ihre Ausarbeitungen so manche eigene seelische Verletzung für uns selbst sichtbar werden lassen. In dem Bewusstsein, dass wir durch Sie einen Zugang in die Herzen unserer Studierenden schaffen und Reflexionsprozesse in Gang gesetzt werden, wird der Respekt und die Achtsamkeit bezüglich der ihnen anvertrauten Kinder wachsen.
Ich würde mich freuen, aber eben ganz besonders unsere Studierenden, wenn Sie ein paar ermutigende Zeilen zurückschreiben würden, die das Begonnene unterstützen.

Danke für Ihr Engagement.

Liebe Grüße, T. H.

AM: Ich bin froh, dass Sie sich darüber Gedanken machen, wie man bei Erziehern den Respekt für die Persönlichkeit des Kindes wecken und zur Befreiung von der Schwarzen Pädagogik beitragen kann. Eigentlich sind alle meine Bücher diesen Themen gewidmet, doch am stärksten vielleicht das letzte Buch „Dein gerettetes Leben“, vor allem das Vorwort dazu. Der erste Schritt zu dieser Befreiung führt durch die Entdeckung der eigenen Kindheit und der erfahrenen Demütigungen. Dann erst öffnen sich viele Türen wie von selbst zur Empathie für das Leiden der Kinder, für ihre emotionalen Bedürfnisse und Verletzlichkeiten, sowie zur ehrlichen, offenen Kommunikation. Das Kind ist nicht länger ein Objekt, das man reparieren soll, wie ich es in „Am Anfang war Erziehung“ gezeigt habe, sondern wird zum Partner im Dialog, in dem man GEGENSEITIG Fragen stellen darf und Antworten erhält, um sich einander besser kennen zu lernen. Das Vorwort zu meinem letzten, oben erwähnten Buch könnte vielleicht in Gruppen diskutiert werden, um eine freiere Kommunikation zu wagen. Wenn Sie wollen, können Sie uns hier von diesen Diskussionen berichten.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet