Eltern informieren

Eltern informieren
Sunday 14 December 2008

Liebe, geschätzte Frau Miller, seit ich im Sommer ihre Bücher entdeckte, die ich nun bis auf die zwei letzten (von “dein gerettetes Leben” ist mir bis jetzt nur das Vorwort bekannt) alle gelesen habe, hat sich sehr viel bei mir getan. Sehr erleichtert bin ich z.B., dass sich ein bestimmter belastender Traum seit August nicht mehr wiederholt hat. Ich erlebte darin immer, wie ich in verschiedenen Situationen unfähig war meine Augen zu öffnen um zu sehen. Es ging einfach nicht trotz immenser Anstrengungen. Die empfundene Verzweiflung kann ich sogar noch heute in der Erinnerung spüren. Gleichzeitig versuchte ich diese Blindheit vor der Umwelt zu verbergen – keiner sollte etwas davon mitbekommen. Ich hoffe, dass diese Träume tatsächlich der Vergangenheit angehören!Da ich nun die heilsame Wirkung ihrer publizierten Überlegungen am eigenen Leib erfahren habe, drängt es mich natürlich auch andere Menschen daran teilhabenzu lassen. Nicht immer stoße ich dabei auf die selbe Begeisterung, die ich hege. Nicht selten begegnet mir sogar Ablehnung bzw. die Weigerung, darüber nachzudenken. Trotzdem liegt mir an der Verbreitung ihrer Sichtweise. Ihre Idee, die ich in der Antwort auf den Leserbrief “Projektgedanken” vom 10.07.08 fand, beschäftigt mich zunehmend: Das Vorwort zu “Dein gerettetes Leben” zu kopieren und weiterzureichen. Ich denke dabei zunächst an meine Kolleginnen (ca 40 Kinderbetreuerinnen).Etwas schwieriger stelle ich es mir vor, die Eltern zu erreichen, die es dringend notwendig hätten und die wie meine Mutter oder die Mutter eines meiner Betreuungskinder (10 Jahre) gestrickt sind. Dieses erzählte mir, dass es die Mutter daraufhingewiesen habe, dass schlagen nichts nütze und das Kind nur wütend und verbockter mache. Die Antwort der Mutter zeigt, wie wenig sie bereit ist, sich auf ihr Kind einzulassen: “Ich werde dir gleich zeigen, wozu das Schlagen nützt!”Ich denke eine Kopie Ihres ansprechenden Vorworts wäre für diese Mutter nur Futter für den Altpapiercontainer.Die geschilderte Episode zeigte mir aber, wie schnell die Kinder zu erreichen sind. Ich hatte erst kurz zuvor in einer kleineren Kinderrunde (8-12 Jährige) das Thema Kindesmisshandlung angesprochen und manches Kind fühlte sich scheinbar schon so unterstützt, dass es sich seinen Eltern gegenüber so artikulieren konnte?!Ihrem Vorwort entnehme ich aber auch, dass eine solche Unterstützung keine wirklich therapeutische Hilfe sein kann, da die Einsicht von den Eltern kommen und signalisiert werden muss. Auf der anderen Seite werden Sie aber nicht müde, die Wichtigkeit eines wissenden Zeugen zu betonen.Da in unserer Stadt ein Verein gegründet wurde, der sich um die Verbesserung der Jugend-und Kinderbildung u.a. über Vortragsreihen bemüht, kam mir der Gedanke, dort vorzuschlagen, einen Referenten einzuladen, der Ihre Erkenntnisse vorstellen kann. Gibt es von Ihrer Seite hierzu eine Empfehlung?Ich danke Ihnen für Ihren unablässigen Einsatz, den Sie über Ihre vorbildhafte website leisten und verbleibe mit freundl.Gruß

AM: Ich kenne niemanden, den ich Ihnen empfehlen könnte, denn die Briefeschreiber bleiben für mich anonym, so kann ich sie nicht anfragen, obwohl einige sich sicher dafür eignen würden. Aber weshalb trauen Sie sich diese Aufgabe nicht zu? Die Idee, das erste Kapitel von “Dein gerettetes Leben” zu verteilen, finde ich ausgezeichnet, weil der Text den Eltern viele Informationen gibt und auch einen Ratschlag für die, die danach seit langem suchen und immer wieder fragen: Was könnten wir denn tun? Viele Eltern fürchten die Wahrheit, sie haben angst, sie zu benennen. Aber in den Fällen, die mir bekannt sind, fühlen sich die Kinder enorm erleichtert, weil ihr Körper das ja immer wusste, und nun darf es sein Wissen mit den Eltern teilen, es ist kein Geheimnis mehr.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet