Zeugen Jehovas

Zeugen Jehovas
Wednesday 21 January 2009

Liebe Alice Miller,

ich habe erst heute den Leserbrief vom 21.12.08 gelesen und er hat mich sehr betroffen gemacht. Ich möchte auf diesem Weg der Schreiberin (dem Schreiber ?) etwas sagen.

Ihr Leserbrief an Alice Miller bewegt mich sehr und ich mußte weinen,als ich ihn las,da ich Sie sehr gut verstehen kann. Genau wie Sie bin auch ich in dieser grausamen Sekte der Zeugen Jehovas großgeworden und alles was Sie beschreiben kenne ich haargenau so,auch den kleinen Raum,wo die Kinder geschlagen wurden und auch meine Eltern nahmen etwas mit mit dem Sie mich schlagen können. Wie es bei Ihnen ein Stück Gartenschlauch war,so war es bei mir ein gelber Schuhanzieher aus Plastik und es machte immer Hui hui wie bei einer Peitsche,wenn meine Mutter mich auf den nackten Po dort schlug,denn sie mußte mich ja dafür ausziehen,damit es besonders wehtat. Auch wir mußten stillsitzen,wurden vor aller Leute dort in den kleinen Raum gezerrt. Die “Brüder und Schwester ” in der Versammlung sahen dort immer mit sadistischen Lächeln zu und es stimmt,es war eine Genugtuung für die Eltern,da Sie ja nach dem Gebot der Bibel handelten. Wer sein Kind liebt,der nimmt es in Zucht . Oder spar die Rute nicht.
Bei einem Vortrag wurde immer ein Kind erwähnt,daß wenn es in den kleinen Raum muß ,schrie,: Jehova hilf mir ! Das hat immer alle sehr belustigt,daß dieses kleine Kind zwar betet,doch nicht sieht,daß Jehova den übermächtigen bösen Vater verkörpert,der eben keine Liebe ist und machtgeil ist und nichts anderes will als pure Anbetung und Niederknien ,der mit Gewalt bestraft und bösen angstmachenden Drohungen.Doch dieses kleine Kind hatte noch die Fähigkeit zu sehen ,daß es Hilfe braucht,daher der Ruf nach diesem Jehova,der ja Liebe sein soll. Die Schläge haben das Kind der Fähigkeit zu sehen beraubt, doch ich möchte Ihnen gratulieren,daß es Ihnen auch gelungen ist,mit Ihren vernebelten Eltern den Kontakt abzubrechen. Ich möchte Ihnen noch etwas von meiner Lebensgeschichte bei den Zeugen erzählen. Ich habe mir irgendwie immer die Fähigkeit des Zweifelns erhalten,habe im Stillen immer wieder in Frage gestellt,ob es denn wirklich die Wahrheit ist und habe mich daran gestört,daß alles verboten ist,Weihnachten feiern,Geburtstage,Freundschaften zu “weltlichen Kindern” u.s.w und ich war wie Sie ein Außenseiter,fühlte mich wie auf einem anderen Stern,nicht als Zeugen Jehovas Kind und nicht als “Weltliches Kind” und so völlig isoliert. Trost gaben mir nur meine Tiere.
Bestimmt hatten Sie auch wie ich so schlimme Alpträume von Vernichtung und von den bösen Dämonen,denn Sie beschreiben ja in Ihrem Leserbrief wie schlimm die Bilder im Geschichten Buch waren. Das habe ich auch so empfunden. Mein Opa war im KZ und wurde dort verfolgt und es hieß immer und auch wenn Nachrichten im Fernsehen mit Kriegsberichten kamen.:Warte mal ab,es wird alles noch viel schlimmer ! Diese bösen Träume von Vernichtet werden im Feuer,von zerrissen werden von wilden Löwen (erinnern Sie sich noch an den WT mit der Aufschrift :Wirst Du ausharren ,wo wilde Löwen abgebildet waren,die eine Familie in der Arena im Zirkus zerreissen sollten,davon habe ich jahrelang Angst gehabt,daß mir das mal passiert) von all den Qualen Hiobs und der Erzählungen meines Großvatersvom KZ ,das war meine Alltagsangst,jeden Morgen und jede Nacht,als ich ins Bett ging,daß mir so etwas mal passieren wird,ich fragte mich ,werde ich treu sein und dachte immer ,daß ich das nicht schaffe,dann von Jehova eben vernichtet werde und überlegte was schlimmer ist,Vernichtung von Gott oder treu zu sein und dann vielleicht von wilden Tieren zerrissen zu werden,erhängt,geköpft,verbrannt zu werden von Menschen in der großen Verfolgung,um danach dann wieder auferweckt zu werden,weil ich ja treu war.
Wie schlimm fand ich auch die Tieropfer. Und die Geschichte Abrahams,der seinen einzigen Sohn opfern mußte,damit er Gott beweisen kann,daß er treu ist.
Diese Wut ,die ich nach dem Austritt gefühlt habe über diese Verlogenheit,Heuchelei und die Verherrlichung eines machtgierigen ,sadistischen Gottes hat mir sehr gut getan. Und doch habe ich jetzt auch wieder Herzklopfen und kalte Hände und fühle mich wie bedroht. Leider habe ich den noch immer Alpträume und kämpfe da immer noch,mich mehr und mehr davon zu lösen von diesen angstmachenden Inhalten die vor allem immer nachts kommen,wenn ich Gruselbilder und Geister,böse Fratzen vor mir sehe und mich hilflos und ohnmächtig alleine fühle. Und doch .Es geht mir besser ,denn damals war ich sehr schwer krank,hatte schlimmste Somatisierungstörungen mit schlimmsten Migräneattaken und schweren Darmrentzündungen und chronische Schlaflosigkeit.Als ich dann die Zeugen verlassen hatte,hat sich nach und nach erstmal meine chronische Darmerkrankung verbessert und auch die Lähmungen in der Nacht,die ich oft hatte,daß der Teufel mit Dämonen an meinem Bett ist und mich quält,mich sex.belästigt ließen erstmal nach.
Bestimmt haben Sie als Kind auch sich so verlassen,ausgeliefert gefühlt und es gab kein Entrinnen.Deshalb habe ich Ihnen geschrieben,da es im Alltag ja nur schwer ist,jemanden zu finden,der das nachvollziehen kann und da ja sogar Zeugen Jehovas als harmlose Sekte oft gesehen wird,da eher vor Scientology gewarnt wird. (die nat.auch genauso schlimm sind,doch nicht weniger schlimm,also genauso schlimm sind auch die Zeugen!)
Die Außenseiterposition die Sie beschreiben kenne ich nur zu gut . Freunde in der “bösen Welt ” zu haben,war mir wie Ihnen ja auch nicht erlaubt und ich habe früh geheiratet,da ja Sex vor der Ehe unmoralisch gewesen wäre und zur Vernichtung geführt hätte und ich so ja nicht mit meinem damaligen Freund zusammenziehen konnte.Doch mein damaliger Mann hat mich auch wie meine Mutter immer wieder verlassen,seelische Grausamkeiten an mir verübt,mir Angst gemacht und einmal sagte er sogar,da er mich loswerden wollte zu einem Freund. Ich wünschte mir,daß die S.aus dem Fenster fällt und ein Lastwagen sollte darüber fahren. Das hat mir so weh getan und doch konnte ich nicht aus der Ehe raus und daher ,weil eine Scheidung ja nicht erlaubt war bei den Zeugen,mußte ich ihn betrügen,da ja nur bei Ehebruch Scheidung möglich war und ich ohne eine Trennung kaputtgegangen wäre (war damals schon stark magersüchtig ) und dann mußte ich mich sozusagen an einen Mann für Sex ausliefern,der mir unangenehm war und es war für mich wie eine Vergewaltigung ,so habe ich das erlebt,weil ich das tun mußte,um aus der Ehe rauszukommen. So sehr haben mich die _Zeugen vernebelt,daß ich damals nciht sehen konnte,daß es hirnrissig ist,so zu handeln,sich selbst so Gewalt anzutun,sich vergewaltigen zu lassen,um dann geschieden zu werden und es dann noch bereuen müsssen,um nicht vernichtet zu werden.Da muß man eigentlich schizophren werden und da wundere ich mich nicht,daß ich danach immer Teufel und Dämonen an meinem Bett kommen sah,die mich vergewaltigten und ich mich nicht rühren konnte,sogar nicht mehr zu Gott beten konnte,da ich stumm war und so noch ungehorsam,da man mir ja sagte ich müsse zu Gott beten,wenn ich belästigt werde,doch wie wenn man stumm ist,die Zunge versagt .
Nach diesem sog.”Ehebruch”,wurde ich nicht ausgeschlossen,da ich es “bereute “,weinte ja tatsächlich vor den Ältesten die ganze Zeit,da es wie gesagt wie eine Vergewaltigung war für mich un100 Mitzeugen in der Versammlung öffentlich zurechtgewiesen ,wie vor einem Pranger und eine Woche später hielt ein Ältester einen Vortrag,daß man Menschen wie mich meiden müsse,daß privater Kontakt zu mir verboten sei,nur noch Predigen und Gespräche über die Bibel waren erlaubt. Ich verlor alles,auch damalige “Freunde ” und wurde immer kränker und ein Ältester sagte mal zu mir,ich hätte doch jetzt alles bekommen was ich immer wollte und obwohl ich nur zurechtgewiesen und nicht ausgeschlossen wurde,könnte man mir nicht versichern,daß ich nicht doch noch vernichtet werde.
Hoffentlich habe ich Sie nicht mit meinem Brief zusätzlich belastet,doch ich wollte ,daß Sie wissen,daß ich ihren Brief gelesen habe,er mich berührt und wütend gemacht hat und ich wieder in diesem Moment große Wut und Hass verspüre auf diese sadistischen Quäler.
Es gibt keinen Gott,da bin ich mir mittlerweile sicher,zumindest nicht diesen Gott,den die Zeugen anbeten,denn der ist stolz,möchte angebetet werden und wer es nicht tut,wird vernichtet,das ist ein Diktator,ein Adolf Hitler,ein Größenwahnsinniger machtgeiler und nach Blut lefzender Gott,der mit sadistischer Freude uns gerne klein hieltund der Teufel war der,der alles in Frage stellte,denn unabhängiges Denken war ja nicht erlaubt.Doch wie soll man denken,wenn nicht unabhängig ?! Immer nur schön die Publikationen der Zeugen lesen und die Ältesten um Rat fragen,ja kein eigenes Denken riskieren. Wie gut,daß wir uns davon befreit haben. Ich wünsche Ihnen ,daß Sie sich von den ganzen Schrecken auch noch nach und nach mehr erholen können,denn ein Trauma bleibt doch bestimmt zurück.Sie haben uns unsere Gehirnstruktur mit angstmachenden Inhalten besetzt und doch hoffe ich,daß wir mit der Zeit uns da immer mehr befreien könne,indem wir darüber wütend sind und ein Kontaktabbruch zu den Mitgliedern der Sekte und der Familie habe ich auch gemacht und denke das ist ganz wichtig,um sich zu schützen!!
Die Bücher von Alice Miller und ihre Leserbriefe hier helfen Ihnen bestimmt auch wie mir und ich finde ,es tut gut,daß es Menschen gibt,die diese Ungerechtigkeit sehen und man hier sagen kann,wie grausam die Eltern waren,daß sie einen nicht beschützt sondern beschädigt haben,daß sie einen nie getröstet haben,sondern Angst gemacht haben und daß sie mit Strafe und Vernichtung drohten und keine Liebe für uns übrighatten. Ein Wunder,daß wir überlebt haben und ich wünsche Ihnen,daß Sie jetzt andere Menschen kennenlernen,wo sie keine Angst vor Strafe mehr haben müssen und wo man sagen darf,wie man fühlt und wo man Angst haben darf,weinen darf, keine Schablone mehr sein muß . Alles Liebe für Sie und viel Kraft weiterhin wünscht ich Ihnen .Ihre S. P.

Vielen Dank auch an SIe Frau Miller und auch Ihnen wünsche ich noch ganz viel Kraft und den Mut ,weiter hier Leserbriefe zu veröffentlichen und nicht zu schweigen!Ich mag Sie sehr.

AM: Vielen Dank für Ihren Brief und die Bestätigung dessen, was der Leserbrief vom 21.12. 08 erzählte. Diese Grausamkeiten sind so schrecklich, dass man sich weigert, daran zu glauben. Es ist daher gut, dass sich die Berichte gleichen. Sonst neigt man zu schnell, sie als “einseitig” abzutun. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Befreiung.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet