Kafka

Kafka
Tuesday 30 January 2007

Sehr geehrte Frau Miller,

Letzte Woche lief in ARTE einen Dokumentarfilm über das Leben von Kafka. Wie man entnehmen konnte, hat er eine schreckliche Kindheit gehabt, hat seinen Leben lang mit Depressionen und Aengste kämpfen müssen und ist dann mit 40 gestorben. Obwohl meinen Mann mir immer ein guter Zeuge war, meinte er dann, die Welt hätte die Werke von Kakfa nicht gekannt, wenn er nicht in seiner Kindheit gelitten hätte. Ich meine, Sie hätten schon über dieses Thema gesprochen. Viele sagen, die meisten Künstler waren so kreativ, weil sie so gelitten hatten. Muss die Welt leidender Menschen in Kauf nehmen, um sich dann an dessen Werke zu erfreuen? Wie stehen Sie dazu? Wäre die Kunst um vieles ärmer, wenn es keinen Leid geben würde? Hat dieses schreckliches Leid, doch noch einen tieferen Sinn, wie vielen es zu glauben scheinen? Ich denke, nichts rechtfertigt, dass Menschen leiden müssen.
Mich würde sehr interessieren was Sie darüber denken.

Vielen Dank fuer ihre Antwort.
A.S.

VOM TEAM: In mehreren Büchern hat Alice Miller darauf hingewiesen, dass Kreativität die Fähigkeit voraussetzt, Leiden zu erleben, es nicht zu verleugnen und sich nicht von ihm zu distanzieren. Sie ist genau auf diese Frage unter anderem im “Gemiedenen Schlüssel” eingegangen. Über Kafkas Kindheit schrieb sie ein langes Kapitel im Buch “Du sollst nicht merken”.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet