Das Drama
Saturday 01 November 2008
Sehr geehrte Frau Miller,
ich lese eben die Um- und Fortschreibung Ihres o.g. Buches; ich bin gerade erst auf Seite 30 und mir kam eine Frage in
den Sinn, die mir schon öfter bei der Lektüre von psychoanalytischen Texten im Kopf herumspukte:
Ist es denkbar, dass sich, allgemein gesprochen, Kindheitstraumata bzw. -neurosen auch in späteren Lebensjahren
entwickeln? Ich denke speziell an die Jugendzeit ab einem Altern von etwa 13 Jahren – könnte eine Verleugnung der
eigenen Gefühlswelt durch massive elterliche Kritik und Manipulation auch erst in diesem Alter beginnen?
Ich vermute, dem steht entgegen, dass die Fähigkeit zur Reflektion in diesem Alter immerhin schon besser ausgeprägt ist
als in der Situation der (frühesten) Kindheit; dadurch könnten Effekte abgemildert werden. Jedenfalls kommt mir selbst
beim Lesen immer wieder diese schwierige Zeit in den Sinn (verbunden mit schwerem Atmen und Gefühlen der Angst, Wut und
Trauer), in der ich besonders durch meinen Vater sehr unterdrückt wurde.
Ich frage mich, ob meine Gedanken “valide” sind (etwa: ob ich sie zulassen – darf? – sollte?), ob ich mich einer
Projektion meiner Phantasie hingebe, oder ob mich in Wirklichkeit verdrängte Dinge aus meiner Kindheit beschäftigen.
Zumindest spreche ich auf Ihre Ausführungen stark emotional an.
Vielleicht könnten Sie mir ein wenig genauer erklären, wie es gemeint ist, wenn Sie schreiben, Patienten kämen zu Ihnen
und berichteten von einer wohlbehüteten Kindheit. Woran erkennen Sie, dass das Kind eben nicht in seinem Sein geliebt
wurde? Dass die Kindheit, obwohl oberflächlich glücklich, doch von subtiler Ausbeutung zugunsten unbewusster elterlicher
Bedürfnisse geprägt war?
Schon jetzt herzlichen Dank!
Freundliche Grüße,
AM: Ihre Fragen sind sehr wichtig und klar, und ich glaube daher, dass Sie von der weiteren Lektüre des Dramas profitieren werden, denn alle Antworten auf Ihre Fragen befinden sich in diesem Buch. Wollen Sie es zu ende lesen und mir dann schreiben, wie Sie sich nun fühlen