Die Sprache der Wut
Tuesday 08 May 2007
Hallo Barbara, danke für die Informationen. Ich mache gerade merkwürdige Erfahrungen. Als ich vor ein paar Tagen meinem inneren Kind geschrieben habe und nach Verletzungen durch meine Mutter fragte, körperlichen Verletzungen oder sexuellen, kam auf einmal ein großer Wutausbruch über meine Mutter aus mir raus, ein großes Gefühl von Ärger, wüste Beschimpfungen. Ich war davon erleichtert, aber auch ein wenig geschockt, jedenfalls wusste ich nicht recht, ob ich das “richtig” finden sollte, auch wegen der schlimmen Schimpfworte. Dann habe ich ein paar Tage später zum ersten Mal die engischsprachigen Lesermails Alice-Miller-Webseite gelesen und da ging es passenderweise gerade um Zorn und die Wichtigkeit davon, ihn zuzulassen. Das war ein glücklicher Zufall. Früher habe ich immer, wenn ich ein paar Tage zur Ruhe gekommen bin, wenn ich mich nicht betäub habe: nicht geraucht und keinen Alkohol getrunken und mich auch nicht mit Arbeit überladen habe, auf einmal diese massive Wut auf meine Mutter gespürt. Eine ganz große, aggressive Wut, verbunden mit Bildern, wie ich sie körperlich von mir fernhalte, auf ihren Kopf einschlage oder überhaupt Leute schlage, die gemein oder herablassend zu mir sind. Ich weiß nicht, wie ich mit diesen Bildern umgehen soll. Ich habe keine Angst, in der Wirklichkeit jemanden zu schlagen, trotzdem kommen mir diese Bilder irgendwie gefährlich und unmoralisch vor. Oder ist es hilfreich, solche Phantasiebilder zu haben?? Als kleines Kind hatte ich übrigens ständig Kopfverletzungen. Und als ich in der letzten Woche bei einer Beratungsstelle war für Erwachsene, die als Kind misshandelt wurden, sagte der Berater zu mir, entweder müsste mich jemand auf den Kopf geschlagen haben als Kind. Oder ich sei emotional oder körperlich so misshandelt wurden, dass ich auf mich selbst nicht mehr acht gegeben hätte als Kind, denn es sei einfach nicht normal, wiederholt Kopfverletzungen haben. Natürlich hat er Recht, da habe ich gar keinen Zweifel. Ich wollte meinem inneren Kind schreiben, um es zu trösten und zu fragen, ob es mir mitteilen möchte, was passiert ist, und dann kam dieser wahnsinnige Wutausbruch auf meine Mutter. Ich habe richtig auf die Tasten eingehackt. – Wie mit der Wut umgehen?Gleichzeitig fühle ich immer noch ein Meer ungeweinter Tränen in mir,(meine Mutter konnte es “nicht ertragen” wenn ich in ihrer Gegenwart weine) auch so verzweifelte Wut – Tränen. Ich wollte eigentlich abwarten, was weiter passiert, jetzt ist es doch ein kleiner Leserbrief geworden. Über eine Antwort würde ich mich freuen, ihr könnt meine Mail auch gerne veröffentlichen.
AM: Sie haben das Kind etwas gefragt, und es hat Ihnen geantwortet. Eindeutig. Die Antwort, die Wut, gefällt Ihnen nicht und macht dem Kind noch Angst vor der Strafe. Aber sie enthält die Wahrheit. Und als Erwachsener werden Sie nicht bestraft, Sie werden sich hingegen von Ihren Symptomen befreien. Sie haben einen wichtigen Schritt gewagt und werden selber sehen, was er Ihnen bringt.