Religionskritik in Alice Millers Büchern
Monday 30 July 2007
Sehr geehrte Dr. Alice Miller,
in Ihren Büchern stehen Sie insbesondere der christlichen Religion kritisch gegenüber und verurteilen sie. Ich selbst bin auch ziemlich religionskritisch eingestellt, aufgeklärt durch Sie und das Internet und den kritischen Seiten dazu. Aber wäre es nicht hilfreicher sich den Religionen positiv gegenüber zu stellen, schließlich setzen sie sich doch inzwischen sehr für den Frieden und die Liebe zu den Menschen zueinander ein. Lediglich wird dort nicht beachtet das Problem von den Wurzeln her anzugehen, so wie Sie es tun. Letztendlich hätte man mit den Kirchen eine höhere Mächtigkeit, von wo aus auch mehr Einfluß auf andere staatliche Institutionen genommen werden kann, z.B. auch auf Religionsunterricht. So könnte der Glaube eine Vorreiterrolle übernehmen, von wo aus dann vielleicht auch im Sozialkunde- oder Biologieunterricht der Funke überspringt. Der Philosoph und Mathematiker Alfred North Witehead sagte einmal: „Religion wird ihre alte Macht nicht wiedergewinnen, bis sie Änderungen ebenso ins Gesicht sehen kann wie die Wissenschaft.“ Wenn Sie sich der Religion gegenüber öffnen würden um dort zu bewirken zu versuchen, daß das Problem von den Wurzeln her angegangen werden kann, dann wäre damit ein großer Schritt getan um wieder in die richtige Richtung zu kommen. Natürlich würde die Religion wahrscheinlich weiterhin unverständliches, widersprüchliches und sonstig sinnloses weiter verbreiten, aber dennoch würde mit Ihrer Hilfe das Hauptproblem gelöst werden, so wie Sie es erkannt haben, eben nur mit mehr Mächtigkeit. Ich möchte damit nicht sagen, daß Sie keine Kritik mehr an Religion mehr üben sollen, denn auch das ist notwendig und gerechtfertigt, wenn es wahr ist. Doch ein Hinweis wie der richtige Weg aussehen sollte wäre hilfreich. Denn in den Religionen sind eben auch nur Menschen, die Fehler haben, wie wir alle. Wie bei Kindern sollte man schließlich auch nicht nur strafen, sondern eher aufklären wie es richtig ist.
Mit freundlichen Grüßen
W.S.
AM: Besten Dank für Ihre freundlichen Anregungen. Sicher wäre es gut, wenn die Kirche an den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen interessiert wäre, denn sie hat einen enormen Einfluss auf Schulen und Erziehung, aber sie ist an diesen Erkenntnissen leider nicht im geringsten interessiert. Dafür habe ich Beweise, denn alle meine jahrelangen Versuche, den Vatikan über die neuen Erkenntnisse der Neurobiologie und die Schädlichkeit des Kinderschlagens zu informieren, trafen auf taube Ohren.
Ich betreibe keine “Kritik der christlichen Religion”, das überlasse ich anderen, die dafür mehr Kompetenz besitzen als ich. Ich bin nur zutiefst empört, ja sogar entsetzt über die Tatsache, dass sich die Kirche NIEMALS gegen das Schlagen der Kinder ausgesprochen hat. Ganz im Gegenteil, im Laufe der 2000 Jahre seit Christi Geburt wurden Kinder geschlagen, damit Gott an ihnen Gefallen fände, und NIEMAND rebellierte dagegen. Doch heute haben wir alarmierende Informationen über die Folgen solcher Praktiken, und der Skandal kann nicht länger geheim gehalten werden.
Die Neurobiologen haben nämlich entdeckt, dass das Gehirn eines geschlagenen Kindes Läsionen aufweist, die auf den Bildschirmen deutlich zu sehen sind. Somit ist es endlich wissenschaftlich bewiesen, dass das Schlagen kleiner Kinder unter 3 bis 4 Jahren, zur Zeit wenn das Gehirn sich strukturiert, deren Fähigkeit zur EMPATHIE ZERSTÖRT und somit zur Produktion gewalttätiger Jugendlicher und Erwachsener beiträgt.
Es ist höchste Zeit, dass der Vatikan davon Kenntnis nimmt, dass er mit den gerne gebrauchten Worten wie Nächstenliebe und Friedfertigkeit ernst macht und nach 2000 Jahren der Blindheit, Unbarmherzigkeit und Gleichgültigkeit für das kindliche Leiden zur Gewaltlosigkeit in der Erziehung aufruft. Das muss unbedingt geschehen, damit mehr Menschen mit der Fähigkeit zur Empathie aufwachsen können, die keine Kriege und keine Genozide brauchen werden, auch keine Heuchelei, um ihr sehr früh angeschlagenes Selbstwertgefühl zu kompensieren. Dies werden Menschen sein, die den Mut haben werden, die heimliche Produktion der Gewalt in den Familien ÖFFENTLICH zu bekämpfen.