Klinik-Aufenthalt
Tuesday 13 February 2007
Sehr geehrte Frau Miller,
mein hochbegabter Pflegesohn, 16 Jahre, war auf eigenen Wunsch bei einer Psychologin hier vor Ort. Er stammt aus sehr schwierigen Verhältnissen und hat eine sehr schlimme Schulkarriere hinter sich. Ich selbst habe einen hochbegabten Sohn, der hier vor Ort in einer privaten Schule schlussendlich so „beschult“ wurde, wie es für ihn richtig war und dies war auch der Grund, weshalb wir diesen Jungen bei uns aufnahmen. Er hat seit der 5. Klasse 5 Schulen vom Gymnasium bis hin zur privaten Realschule hinter sich gebracht und war trotz größtem Bemühen nicht mehr an seinem Wohnort unterzubringen. Ein halbes Jahr konnte er so gut wie gar nicht mehr zur Schule, weil er eine Schulphobie hatte. Er war aber nie aggressiv und zog sich immer mehr zurück. Auch seinen Eltern gegenüber, von denen er jetzt versucht sich zu trennen, ist er nie gewalttätig geworden.
Irritiert hat mich nunmehr, dass die Psychologin nach einer Stunde mit mir und einer Stunde mit dem Jungen zu dem Entschluss gekommen ist, dass der Junge in die Psychiatrische Klinik eingewiesen werden soll und dort ½ bis ¾ Jahr verbringen soll, „weil ein hohes Aggressionspotential zu erwarten wäre“, sobald die Therapie begonnen wird. Seine Phantasien und Träume seien sehr gewalttätig und seine Aggression könnte auch mich treffen.
Mit dieser Diagnose habe ich in keiner Weise gerechnet. Ich habe bereits 3 erwachsene Söhne und bin deshalb, wenn auch nicht psychologisch geschult, ganz unbedarft, was den Umgang mit Menschen anbelangt. Die Entscheidung, ob er in die Klinik geht, soll der Junge bei der nächsten Sitzung mit ihr treffen.
Ist es tatsächlich möglich, dass man nach einer Stunde eine so schwerwiegende Entscheidung treffen darf oder soll ich ihn noch zu einer anderen Psychologin bringen?
Für eine Antwort bin ich Ihnen sehr dankbar!
Mit freundlichen Grüßen
E. U.
AM: Ihre Fragen sind absolut berechtigt, hüten Sie sich vor dieser ignoranten “Psychologin”. Aggressive Träume und Phantasien lassen sich verstehen, besonders, wenn Sie den Grund dazu kennen. Vielleicht können Sie mit dem Jungen über diese Gründe sprechen? Versuchen Sie, seine Eltern nicht zu schonen und sein Leiden voll und ganz ernst zu nehmen, denn ohne Sie als einfühlsame Zeugin wird er es kaum wagen. Hingegen in der Psychiatrie wird dies niemand tun, er wird Medikamente bekommen und wird in der Tiefe immer mehr verwirrt. Ob Sie das Glück haben, eine klügere Psychologin zu finden, weiss ich nicht. Sie sind rar gesät. Kann Ihr Sohn mit dem Jungen über dessen Kindheit sprechen?