Das verlassene Kind

Das verlassene Kind
Monday 24 July 2006

Sehr geehrte Frau Miller,
ich habe in letzter zeit sehr viele erinnerungen. gefühle, die schon immer da waren und ich mich jetzt im nachhinein frage, wieso sie so lange weg waren. ich weiß ja warum… trotzdem ist es so arg diese gefühle wieder zu fühlen, so als wäre es gestern gewesen. es sind erinnerngen an meinen vater, wie er zuschlägt, wie ich immer immer angst vor ihm hatte. wie ich, so wie sie in ihren büchern beschreiben, mein verhalten angepaßt habe an ihn, damit er ja nicht wieder ausrastet. ich hab gewußt was er lustig findet und hab drüber gelacht obwohl ich voll von angst war und seine witze nie lustig gefunden hab. ich hab ihn gehaßt und ihm immer den tod gewunschen. ich wollte, daß er stirbt, damit es mir endlich gut geht, damit ich befreit bin von seiner folter. an schöne momente kann ich mcih nur erinnern, wenn mein bruder und ich alleine mit meiner mutter waren. da war ich frei, da wurde ich nicht geschlagen, da durfte ich sein. aber mit meinem vater war nichts. nichts. keine einzige schöne erinnerung.

in dieser zeit wo ich soviel spüre und mich erinnere kommen auch gefühle so intensiv, wo ich projeziere. wo ich angst habe vor allem meinen freund zu verlieren. intensiv projeziere ich. das tue ich doch sooft. ich werfe ihm etwas vor, daß von früher kommt. gerade im letzten jahr ist es soviel besser geworden. jetz verstehe ich. ich werfe ihm die dinge nicht mehr real vor, ich verstehe. trotzdem bleibt oft die angst ihn zu verlieren. ich kann jetzt das gefühl an sich spüren, muß es nicht mehr verdecken unter angeblichen fehlverhalten seinerseits. ich kann vor ihm und mir spüren daß ich große angst habe etwas falsch zu machen und sei es nur wenn ichmeine eigene meinung zu irgendeinem thema sage. dann hab ich so große angst und es tut so weh. mir wird dann so schwindelig. und ich frage mich ob diese angst diese projektionen, diese angst von früher auch irgendwann einmal vielleicht sogar ganz verschwinden wird?

ich schicke ihnen zwei beiträge von mir im ourchildhood.de forum

„es passiert mir in abständen, daß ich in ein gefühl hineinfalle und dann tut es mir weh. heute ist es wieder so. das arge ist, daß ich genau weiß was mit mir passiert. ich kenne den grund (meine eltern), ich weiß was genau passiert in mir und ich kann mir selbst dabeizuschauen wie das gefühl immer größer wird. meistens hat es mit meinem freund zu tun, den ich über alles liebe und mit dem ich so glücklich bin wie noch nie zuvorin meinem leben. uns verbindet ein tiefese vertrauen und zuneigung. noch nie durfte ich so eine wärme erleben. einerseits weil ich noch nie so einen menschen getroffen habe andererseits weil ich noch nie mcih selbst so geliebt habe. so ist es mir möglich jetzt liebe zu leben und zu fühlen. klarerweise ist dadurch auc die angst diese wunderbare geschenk, diese wunderbare wärme wieder zu verlieren. zuoft hab ich allein leiden müssen. zuviel haben mich meine eltenr gequält, als daß es mich heute nicht einholen würde. es sind immer kleinigkeiten z.b. ganz am anfagn wars so, daß wenn ich ihm ein e-mail geschrieben hab und er nicht innerhalb von 2 stunden irgendwas geantwortet hat schon innerlich zerbrochen bin. heute sind es einzelne sätze, von denn ich mittlerweile merke, daß sie dieses gefühl langsam auslösen. zuerst ist es nur ein sandkorn, dann wirds immer grö0er und größer und dann tut nur noch alles weh. mir ist dann immer sehr schindelig und ich muß das gefühl aushalten bis ich merke er ist noch immer da. ich weiß das alles und trotzdem tut es so weh. er schreibt irgendwas ganz normales und zuerst versteh ich auchs meist richtig aber dann denk ich länger drüber nach und dann kommt die angst und der schmerz. es ist schon viel besser als früher, aber trotzdem noch immer da.
eigentlich kann ich ja nichts tun als immer wieder positive emotionale erfahrungen im jetzt zusammeln und somit immer mehr sicherheit in mir zu finden. (“ ja ich bin es wert, daß man mich liebt. ja, ich bin so liebenswert, daß man mich liebt, und mir „sogar fehler verzeiht“, nein ich muß nicht immer perfekt funktioniren. ja, ich darf sogar menschen verärgern udn sie lieben mich immer noch“). ich muß nicht immer PERFEKT SEIN UM GELIEBT ZU WERDEN.
ich selbst reiche einfach. so wie ich bin. ohne bestimmte leistungen erbringen zu müssen.

an diesen tage merke ich so deutlich was mir meine eltenr angetan haben. wie sehr ihr spott ihr hohn und ihre demütigungen wirken. alles dreht sich und ich kann nur warten. „

und

„..nun, trotzdem schon vieles viel besser geworden ist, quälen mich trotzdme noch oft schmerzen. ich kann sie jetzt zwar einordnen, was schon vieles so erleichtert, aber sie kosten soviel kraft.
wie gut kenne ich das, diese phantasien, ein einziger blick kann schon angst machen (ist er böse auf mich, hab ich was falsch gemacht?). ein unterton in der stimme. eine pause wenn ch ihn etwas frage. ein mail das nicht sofort beantwortet wird. früher hab ich ihm arge vorwürfe gemacht, ihm verrat und hintergehen vorgeworfen. heute weiß ich, daß das nciht der fall ist und muß „nur noch“ die emotionen ertragen. die schmerzen. auch wenn ich weiß er ist es nciht, der mich verraten hat, tut es trotzdem so weh. weilich angst habe. angst, das was ich so liebe zu velieren, weil die angst noch so tief sitzt, daß ich nur irgenwas falsch machen muß und alles was ich liebe und brauche ist weg. es nagt dann so an mir. es kriecht in mich. es kriecht aus mir. mir sit dann immer so schwindelig. ich hab kopfweh und alles zieht sich zusammen in mir.. „

was mich beschäftigt ist, daß man eben versteht woher es kommt, also nicht mehr desturktiv handelt (z.b. vorwürfe an den freund, selbstzerstörung) daß aber dann trotzdem noch schmerzen bleiben. ich hab solceh angst ihn zu verlieren.

denken Sie, daß diese schmerzen ganz weggehen können, wenn man immer mehr sich erinnert? und die positiven erfahrungen in der gegenwart, die erleichtern das gefühl auch…

gibt es noch etwas was ich tun kann, damit die schmerzen leichter werden?

Alles Liebe, V

AM: Wenn das Kind verlassen wird, ist seine Existenz in Gefahr, es kann sich alleine nicht helfen, und auch seine psychische Integrität ist in Gefahr, wenn es sich verbiegen muss, seine wahren Emotionen der Wut und Verzweiflung unterdrücken muss und statt dessen lächeln soll, um Zuwendung zu bekommen. Das erzeugt sehr viel Angst, die Sie vielleicht jetzt zum ersten Mal bewusst fühlen können, WEIL Sie jetzt als Erwachsene nicht mehr in dieser Gefahr sind. Sie sind nicht gezwungen zu gefallen, können Ihre wahren Gefühle zulassen und zeigen, aber nur mit Menschen, die das auch können und offen mit Ihnen sind. Wenn Sie spüren, dass dies nicht geht, dass der andere vor Ihrem wahren Selbst Angst hat, dann spüren auch Sie die alte Existenzangst des Kindes, das sich aufgeben musste, um „geliebt“ zu werden. Das ist allzu begreiflich, aber vielleicht vergeht die Angst, wenn Sie Ihren Gefühlen treu bleiben, sie ernst nehmen und Sie zu verstehen suchen. All das kann sich ein verlassenes Kind nicht leisten. Doch der Erwachsene kann das. Er kann nie mehr in dem Sinn verlassen werden, wenn er bei sich bleibt.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet