großen dank und anfrage

großen dank und anfrage
Wednesday 07 March 2007

liebe alice miller,

mit hilfe ihrer bücher, bzw den aussagen, erzählungen und schlußfolgerungen darin habe ich es geschafft, mich von meiner mutter zu lösen, ich war ihr lieblingssohn und entsprechend hatte sie immer wieder die emotionale übereinstimmung mit mir gesucht, parallel aber meine not in z.t. sehr konkreten situationen nicht gesehen. hier hat sie immer wieder ihren schmerz, ihr leiden betont.wenn ich es ansprechen wollte später, hat sie immer wieder gesagt ich habe dich doch geliebt oder wenn ich daraufhin nicht still wurde, kam der vorwurf: du warst aber ja auch so…. durch ihre arbeit habe ich das erkannt und letztlich nur über ein bild des kleinen jungen, der ich mit 4 jahren war,(ich binheute 47) den prozeß begonnen. sein unglücklich und abwehrend schauen auf dem bild hat mich ganz sponatn alarmiert und einen emotionalen staudamm und geistige barrieren gebrochen. von da an habe ich tief und konsequent mich meinen gefühlen gestellt und den kontakt mit meiner mutter unterbrechen müssen. das war dann wie von selbst teil des prozesses.und doch hätte ich das ohne ihre arbeit ganz sicher nicht gecshafft und mich dazu getraut. es ist wirklich noch ein niemandsland. alle meine freunde bis auf eine, sind mir mit offener oder verhaltener skepsis begegnet.

ich habe mich intensiv mit alkohol schon ab 13 Jahren und später mit drogen von meinem fühlen abtrennen müssen. ich habe mit 12 jahren, bis es zu den drogen kam, auf alles und jeden mit jähzorn reagiert.auch diesen hat man mir zum vorwurf gemacht. ich habe einen überaus lebe4ndigen, wiederkehrenden alptraum über bald 25 jahre gehabt, in dem es immer um meine vernichtung durch geisterhafte kräfte, in der dunkelheit ging.irgendwann konnte ich mich meinem verfolger stellen und ihn vernichten und im nächsten traum dann aber umarmen und ganz nah zu mir nehmen. seit da sind die träume nicht wieder gekommen.noch jahre danach habe ich mit licht geschlafen, weil die angst vor diesen kräften so tief sass.ich habe an hand meiner “nur” verbalen gewalt meinen kindern gegenüber, begonnen, diese als genau das erkennen zu können und darüber die spur auch zu der empfangenen, ganz normalen gewalt meiner kindheit, aufnehmen können.

meine mutter wird nun 80 jahre. sie hat eine verfügung zu ihrer pflege, im falle einer geistigen schwäche, im beisein meiner gecshwister aufgesetzt und alle meine geschwister, zwei brüder und eine schwester, als entscheidende notariell bestimmt. ich selbst wurde weder im vornherein noch im nachhinein direkt informiert das es solch ein treffen gab, noch in dieser verfügung erwähnt. erst in einem gespräch, das ich meiner mutter telefonisch angeboten hatte, kam sie von sich damit raus, denn sie litt an dieser heimlichkeit. das ist noch ganz frisch (eine woche her). über die konsequenzen weiß ich noch nichts, ahne aber, dass das es zu einer deutlichen benachteiligung und weiteren ausgrenzung meiner person kommen kann.

ich habe mit sehr großem schmerz und wut reagiert und weiß mir da garnicht zu helfen. ich erlebe ausgrenzung, die meine mutter damit begründet, dass ich ja die Trennung erst zwischen uns beide gebracht hätte, mit eben meiner distanzierung von ihr. auch sagt sie, es wäre ja gar keine ausgrenzung, meine wahrnehmung wäre da falsch(!)meine schwester, die in der sache führend eingesetzt ist, sagte mir, als ich ihr meinen schmerz darüber, wie das gelaufen ist mitteilen wollte, ich solle doch endlich aufhören, am laufenden band dramen zu inszenieren.ich mußte daraufhin den kontakt abbrechen.

das etwa spiegelt also meinen stand in unserer familie. ich fühle mich jetzt total hilf- und ratlos. ich erlebe diese gefühle des (heimlich, fast konspirativen) ausgegrenzt seins und finde kein gehör.meine mutter und meine geschwister sind sich einig, dass es letztlich an mir liegen muß, dass ich mit starken gefühlen reagiere, (eine sehr unangenehme schwäche von ihm) und sich damit einmal mehr ihr verhalten rechtfertig, nämlich mich nicht ernst zu nehmen.

ich erlebe hier so etwas wie einen anflug von wahnsinn, weil die wahrheit dessen, was hier unter der oberfläche tatsächlich gecshieht und willentlich getan wird, so verdreht wird. ich bin in diesem zusammenhang opfer willkürlich geschaffener umstände, werde aber mit dem vorwurf der eigenschuld weil ich so bin, zurecht gewiesen. parallel wird meine wahrnehmung als falsch abgewiesen.wie gut kenne ich das aus meiner kindheit, wie sehr ist das noch in meinem gefühl.jetzt habe ich das schon ein ganzes stück durchlebt und erkannt, aber nun kommt es doch noch mal wieder und erwischt mich quasi kalt.

ich merke es tut mir so leid für mich selbst, das das nicht aufhört. und ich fühle mich hilflos und möchte am liebsten noch weiter fort von meinem geschwistern und meiner mutter, als ich es auch schon räumlich vollzogen habe. (sie leben in hamburg und stuttgart, ich lebe schon lange in freiburg). aber ist das richtig? ist das richtig? ich weiß es nicht.

liebe alice miller, vielleicht haben sie eine inspiration für mich. ausser das ich gar nicht sagen kann, wie dankbar ich über ihren mut, ihren scharfen sachverstand, ihr großes, großes mitgefühl und ihre ausdauer an der aufklärung über die himmelschreiende, falschen erziehungsmoral schon bin, ich wäre sicher noch ein bischen mehr dankbar über einen persönlichen rat von ihnen.

es war aber auch schon gut, ihnen schreiben zu können und zu dürfen.
also, meinen herzlichen, verbindlichen dank, a. t.

AM: Sie stellen fest, aufgrund offensichtlicher Fakten, dass Sie von Ihrer Familie ausgegrenzt wurden. Begreiflicherweise sind Sie traurig und wütend deswegen. Doch Ihre Familie behauptet, dass Sie nicht ausgegrenzt wurden, versucht, Ihnen Ihre Wahrnehmungen auszureden und Sie wegen Ihrer Sensibilität zu beschuldigen. Wenn man dies jetzt mit Ihnen macht, besteht kein Zweifel, dass Sie als Kind eine solche Behandlung lange wehrlos erdulden mussten. Sie versuchten zu glauben, was man Ihnen sagte, und Ihren Wahrnehmungen nicht zu glauben. So werden Schizophrenien produziert: Das Kind wird gezwungen, seine Wahrnehmungen und Gefühle zu ignorieren.
Sie WAREN als Kind hilf- und ratlos, jetzt sind Sie es nicht mehr. Die Tatsache Ihres Schreibens an uns beweist diese Tatsache, denn Sie suchen Zeugen und werden sie finden. Aber Sie FÜHLEN sich ratlos, weil Sie – vielleicht zum ersten Mal in Ihrem Leben – die Gefühle des getäuschten Kindes in dieser Intensität erleben können. Es ist GUT, dass Sie es können; vertrauen Sie Ihren Gefühlen, sie werden Ihnen später deutlich den für Sie richtigen Weg zeigen, sie werden Ihnen sagen, was Sie tun WOLLEN, ob Sie sich von Ihrer Familie noch zwingen lassen wollen, Ihr Wissen zu verraten oder eben nicht. Und Sie werden so handeln wollen, wie es für SIE richtig ist.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet