Schuldgefühle

Schuldgefühle
Thursday 28 February 2008

Liebe Frau Miller,
Mein Name ist K. Ich bin 49 Jahre alt und Mutter einer 15 jährigen Tochter.
Mein Mann hat sich am 9.1.2000 selbst getötet. Vom Beruf Mediziner, mit einer gut gehenden Praxis, Vater einer Tochter (sie wurde drei Wochen nach seinem Tod 7 Jahre alt), einer nicht mehr intakten Ehe…….Nach aussen fast alles in Ordnung.
Er litt unter schweren Depressionen ist zusätzlich Alkohl – und Tablettenabhängig gewesen und hat sich in den letzten Wochen Dormicum und Morphin gespritzt.
Ich habe ein halbes Jahr vor dem Suizid eine Therpeutin aufgesucht und habe mich bewußt gegen eine Zwangseinweisung aus Scham, Wut, Enttäuschung entschieden. Ich konnte damals kaum, besser, gar nicht sprechen. Meine Sprache habe ich schon als kleines Kind verloren, Mißbrauch des Vaters.
Ich fühlte mich Schuldig, schuldig versagt zu haben, schuldig als Mutter und schuldig zu leben.
Erst durch die Gestalttherapie in Einzel- und Gruppenarbeit bin ich Stück für Stück an meine Gefühle gekommen. Ich habe das Fühlen gelernt. Ich habe es gelernt diese Gefühle in Ausdruck zu bringen. Ich habe es gelernt zu sagen ” ich brauche Hilfe”. Und ich lerne heute immer noch, es fällt leichter und bringt Spass.
Durch die vor kurzem gelesenen Bücher “Das Drama des begabten Kindes” und “Dein gerettetes Leben ” ist mir das ungeheure Ausmaß meines Kindheittraumas, in der weiteren Folge die Wahl meines Ehemannes bewußt geworden. Nein, nicht bewußt geworden, mehr als hätte es mich erreicht. Ich fühle mich in mir leichter.
Gleichzeitig ist mir die Hilflosigkeit meines Mannes als er ging und sagte ” du weißt nicht wie es ist, wenn man nichts mehr fühlt” auf einer anderen Ebene als vorher begegnet. Was keine Entschuldigung und Verständnis für ihn beinhaltet.
Ein ganz klares und wunderbares Gefühl habe ich in diesen Tagen für meine Tochter Charlotte entwickelt. Viele Bilder waren und sind in meinem Kopf die in unserer und meiner Erziehung nicht gut gelaufen, gewesen sind. Wo ich sie benuzt habe, ihre Nöte sah sie aber alleine gelassen, ihr meine Liebe und Geborgenheit nicht gegeben habe, nicht geben konnte. Ich sehe diese Bilder und fühle mich nicht schuldig. Am Wochenende gab es einen Monment der Nähe zwischen uns beiden in dem ich mich entschuldigen konnte für die Monmente wo ich ihre Gefühle und Bedürfnisse nicht wahrgenommen habe, wo ich sie alleine gelassen habe. Sie schaute mich lange an, strahlte und sagte ” Mama, das nehm ich an “. Es hat mich so berührt, dass Tränen meine Augen füllten.

Ich danke Ihnen.

Mit freudlichen Grüßen, K. K.

AM: Sie haben sicher viel erreicht auf dem Weg zu sich selbst und zu Ihrer Wahrheit, wenn Ihnen Ihre Tochter mit 15 eine so ehrliche Antwort geben konnte. Bravo

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet