Alice Miller Zukunftsmusik?

Alice Miller Zukunftsmusik?
Wednesday 10 October 2007

Sehr geehrte Dr. Alice Miller,

in meinem Leserbrief vom 30.Juli 2007 antworteten Sie mir, daß Neurobiologen entdeckt haben, daß das Gehirn eines geschlagenen Kindes Läsionen aufweist, die deutlich auf den Bildschirmen zu sehen sind. Ich habe versucht im Internet zu recherchieren, konnte aber bisher nichts spezifisches finden (nur Fallbeispiele die das vordere Stirnhirn erwähnten, aber keine genauere Erklärung, oder eine wissenschaftliche Abhandlung dazu). Ich möchte damit nicht sagen daß ich ihnen das nicht glaube, sondern, mich würde es interessieren, warum diese Entdeckung keine weiteren Früchte in der Gesellschaft trägt. Diese Entdeckung müßte doch dazu führen, daß für mehr Aufklärung in der Bevölkerung gesorgt wird. Andererseits wäre es möglich, daß, wie bei Entdeckungen in der Wissenschaft üblich, eine Zeit von 20 bis 30 Jahren vergeht, bis eine Umsetzung der gefundenen Erkenntnis erfolgt. Meiner Ansicht nach müßte die Umsetzung so aussehen, daß in der Schulzeit über die Folgen entsprechender Handlungen in der Erziehung aufgeklärt wird, z.B. im Erziehungskundeunterricht, fachübergreifend auch im Biologieunterricht (bei Erklärung des Nervensystems und der Einwirkung der Sinnesreize auf das vordere Stirnhirn). Diese Aufklärung wäre fundamental für die Entwicklung der Menschheit, besonders hinsichtlich des Friedens und der Kriminalität. Vermutlich könnte mit Vermittlung dieses Wissens auch in 3. Welt-Ländern wesentlich geholfen werden eine bessere Infrastruktur aufzubauen. Aber das ist wohl Zukunftsmusik. Sie Frau Miller sind eine große Vorreiterin auf diesem Gebiet, und wer weiß, ich kann mir gut vorstellen, daß Sie wahrscheinlich mal in den Geschichtsbüchern stehen werden mit Ihren fundamentalen, wegweisenden Erkenntnissen für die Menschheit. Für mich stellt sich aber die Frage, was muß geschehen, daß das von Ihnen publizierte Wissen zum Allgemeinwissen wird? Ich selbst habe bisher auch eine Mail an die Bundesregierung und an „katholisch.de“ geschrieben, mit Teilen aus Ihrer Antwort auf meinen Leserbrief. Über die Kirchen ist anscheinend nichts zu erreichen, möglicherweise eher über die Politik, da diese nicht so fachlich auf Theologie eingeschränkt ist wie die Kirchen. Oder es müßten mehr Appelle aus der Bevölkerung kommen, was aber möglicherweise ein Problem ist, weil die meisten Depressiven, bzw. geschlagenen Kinder nicht den Mut dazu aufbringen an die Öffentlichkeit zu gehen. (Mir geht es jedenfalls so, die Mails kosteten mich schon einiges an Überwindung.)

Eine andere Frage von mir bezüglich des vergebens der Eltern wäre, soll man den Eltern für Ihre Handlungsvergehen überhaupt nicht vergeben, bzw. sie ablehnen, oder nur zum Teil nicht, bezüglich der jeweiligen Taten die sie verbrochen haben?

Mit freundlichen Grüßen

W.S.

PS: Vielleicht könnten Sie mir einen Tipp geben, wo ich näheres im Internet finden kann, bezüglich der Läsionen bei geschlagenen Kindern, ich würde dann noch mal Mails schreiben (an Medien oder sonstige Institutionen), mit Bezugsquellennachweis.

AM: Schauen Sie beim Google unter Dr. Bruce Perry und Martin Teicher. Und lesen Sie auf dieser Seite Leserbriefe zu diesem Thema, die vor ca. zwei Wochen eingegangen sind (in Englisch allerdings). Wenn Sie die von Ihnen gesuchten Informationen nicht finden, schreiben Sie uns nochmals. Das Problem ist, dass die Forscher, die die Läsionen entdeckt haben, nicht die enorm wichtigen Schlüsse daraus ziehen, weil sie vermutlich, wie fast wir alle, geschlagene Kinder waren und dieses Wissen in der Verdrängung halten.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet