Die Angst vor der Wahrheit

Die Angst vor der Wahrheit
Friday 13 February 2009

Liebe Frau Miller!

Ich gehe in Wien in eine Selbsthilfegruppe für Sozialphobie und Depressionen.

Das Thema Kindesmißbrauch und die daraus resultierenden Folgen (weswegen wir
ja alle dort sind) sind dort ein Tabuthema.

Jedesmal wenn ich das Thema anspreche werde ich dafür angefeindet.
Ich habe die Gruppenleiterin einige Male auf ihre Verdrängung und ihre
Selbstentfremdung und ihre Selbstverleumdung (ihr Gemütszustand schwankt
zwischen aufgesetztem Grinsen und Tobsuchtsanfällen) angesprochen worauf sie
völlig durchgedreht ist und mich vor allen Teilnehmern zur Sau gemacht hat.
Wohl mit dem Ziel mich einzuschüchtern damit ich es mir das nächste Mal
zweimal überlege ob ich die Mauer der Verdrängung nochmal
“angreife”.

Die meisten anderen Teilnehmer sind auch der Ansicht das ihre Depression oder
Angst oder Sozialphobie nichts mit der Kindheit zu tun haben und jedesmal wenn
sie so etwas sagen werden sie von der Gruppenleiterin bestätigt.

Und ich habe mittlerweile auch Angst etwas zu sagen immer in der Erwartung
wieder angeschrien und mit Vorwürfen bombardiert zu werden.

Ich habe das Gefühl das ich dort meiner Stimme beraubt werde als würde ich
schreien und kein Ton herauskommen. Es ist wohl eher die Taubheit der anderen
die sich wie meine Stummheit anfühlt.

Ich fühle mich dann immer sehr allein. Die Gruppe findet jeden Donnerstag
statt und am Freitag sitze ich dann immer vorm Internet und lese Leserbriefe auf
Ihrer Homepage um mich nicht ganz allein zu fühlen.

Ich war auch bei der Leiterin von dem Selbsthilfeprojekt und habe ihr gesagt
das ich von meiner Gruppenleiterin schon mehrmals auf übelste beschimpft und
angebrüllt wurde. (Das geht von Drohung bis zur Unterstellung das ich anderen
Teilnehmer unechtheit vorwerfe. Oder auch das sie die Gruppe meinetwegen
verlassen muß. Das alles im Beisein der anderen Teilnehmer!)

Die Projektleiterin hat darauf gemeint das ich die Gruppenleiterin wohl
provoziert habe und sie deswegen so ausgerastet ist.

Und die Co-Leiterin der Gruppe hat gesagt das sie so ein “Mobbing” an
der Gruppenleiterin von mir nicht akzeptieren wird!

Überall wo ich mich hinwende werde ich mit einer Mauer der Ignoranz und des
TOTSCHWEIGENS konfrontiert. Das ist schrecklich.

Ich bin immer gern in die Gruppe gegangen weil ich mich mit den Teilnehmern gut
verstehe und weil ein regelmäßiger Fixpunkt mit anderen Menschen für mich
wichtig war und ist. (Ich habe auch Sozialphobie).
Aber jetzt ist es schon so das ich mich jedesmal ganz fürchterlich fühle nach
den Gruppentreffen.

Die Gruppenleiterin wurde von ihrem Bruder jahrelang mißbraucht, hat aber nach
wie vor einen “guten Kontakt” zu ihm.
Ansonsten hatte sie aber eine “Schöne Kindheit” sagt sie.

Die Verdrängung muß um jeden Preis aufrecht erhalten bleiben, koste es was es
wolle!

Bitte meinen Namen nicht veröffentlichen nur die Initialen VH

PS: Ich schicke dieses Mail auch an den Obmann der Selbsthilfegruppe.

AM: Es klingt alles ganz grotesk, was Sie da beschreiben, dennoch glaube ich Ihnen aufs Wort. Diese Haltung der “Helfer” ist doch der Grund, weshalb ich meine Bücher und Flugblätter schreibe. Doch die Angst vor den Verfolgern in der eigenen Familie ist überall so stark, dass Sie offenbar auf taube Ohren stoßen oder/und auf die destruktiven Muster dieser Verfolger. Es ist sicher gut, wenn Sie sich an den Obmann wenden, der Versuch lohnt sich, man weiß nie…. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Glück haben und verstanden werden. Gibt es in Wien keine andere Selbsthilfegruppe?

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet