Pflichtlektüre
Sunday 28 May 2006
Liebe Frau Miller,
seit ungefähr 10 Jahren sind Ihre Bücher für mich immer an der „richtigen“ Stelle meines Lebens erschienen. Zunächst „Du sollst nicht merken“ und das „Drama des begabten Kindes“, die mir zuerst verdeutlichten, dass Mißbrauch in einem viel weiteren Sinne zu verstehen ist und so mir einen Schlüssel zu mir selbst gaben.
Nun bin ich „zufällig“ auf die „Revolte des Körpers“ gestoßen – gerade wo ich in Gewissenskonflikten über das vierte Gebot stand: ja, ja, ja! Dieses Buch ist wirklich eine Bestätigung und Erlösung für mich, die ich mich stets zerrissen sah zwischen dem, was ich spürte (Distanz zu meiner Mutter) und dem, was ich sollte („lieben und ehren“). Endlich wird hier ausgesprochen, was ich empfinde und die Möglichkeit eröffnet, dem zu folgen, was für mich richtig ist – bis ich eben lieben kann oder auch nicht.
Dafür ganz, ganz herzlichen Dank.
Ich habe das Buch gleich weitergegeben, an eine Freundin, die ebenfalls unter dieser Zerrissenheit leidet – weiß Gott, müsste dieses Buch Pflichtlektüre werden.
Mit großer Dankbarkeit,
H. M.
AM: Ich habe mich sehr gefreut, dass mein letztes Buch für Sie eine „Bestätigung und Erlösung“ von den Zweifeln und Schuldgefühlen bedeutet hat. Eine solche Hoffnung habe ich gehabt, und sie bestätigt sich auch in vielen Fällen, aber was bedeutet das schon angesichts der großen Menge, die immer noch an die Wohltaten des Schlagens der Kinder glaubt? Eine „Pflichtlektüre“ kann vielleicht auch kaum etwas verändern, wenn sich das vergiftete „Wissen“ von den ersten Jahren ab bereits im Körper (dem Gehirn) eingenistet hat. Menschen, die meine Bücher verstehen, waren schon immer irgendwie unterwegs zu sich selbst, so sind sie dankbar für die Bestätigung und können weiter daran arbeiten, ihr Leben besser zu verstehen.