Gedanken zu „Bilder meines Lebens“

Gedanken zu „Bilder meines Lebens“
Monday 10 March 2008

Liebe Frau Miller,

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Weihnachtsgrüße vom 21.12.2007, und vielen Dank für Ihre Frage nach meinen geplanten Unternehmungen.
Zu der Zeit war ich immer noch mit der Frage beschäftigt, wie ich mein Ziel angehen könnte, um zu dem von mir gewünschten Resultat zu kommen, nämlich Menschen zu finden, die echten, wahrhaften Austausch suchen, und nicht welche, die dies nur vorgeben. Ich hatte verschiedene Ideen. Aber meine Angst vor neuen Verletzungen, vor den Wiederholungen des nicht-wahrgenommen-Werdens und vor Ablehnung war immer größer als mein Wunsch nach Gesellschaft und Austausch.

Ich war zeitlebens – und bin es bis heute – auf mich allein gestellt und habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass all meine Bemühungen nach wirklicher, echter Annäherung vergeblich waren. Dadurch habe ich ein ausgeprägtes Einzelgängertum und eine immense Unabhängigkeit entwickelt. Allerdings erkenne ich, dass diese Unabhängigkeit, auf die ich immer so stolz war, im emotionalen Bereich nicht vorhanden ist. Ich trage sie wie ein Schutzschild vor mir her. Sie ist meine Tarnung; ich verberge hinter dieser Deckung meine Verletzlichkeit und meine Wunden und Schmerzen. In Momenten, in denen ich mich besser fühle, erscheint mir meine Einsamkeit als warm und sehr sicher.

Ich verschließe mich, weil ich zurzeit immer noch so deutlich und schmerzhaft die Abhängigkeit der kleinen Angelika von ihren Eltern spüre. Es tut so unsagbar weh, wenn ich daran denke, wie hilflos und bedürftig ich war, und mit welcher Liebe ich mich immer wieder um meine bedürftigen Eltern bemüht habe – und mit welcher Vergeblichkeit.
Dieses Gefühl ist mir geblieben; es ist das, was ich am deutlichsten – neben der Wut – wahrnehme. Vergeblichkeit.
Mag sein, dass der Zeitpunkt, mein „Nest“ zu verlassen, noch nicht der richtige ist. Aber wann ist denn der richtige? Wenn ich 80 bin? Es sind die Ängste der kleinen Angelika vor ihren Eltern, die mich immer noch behindern. Ich werde in diesem Monat 52 Jahre alt. Mein Kopf sagt mir: „Es ist an der Zeit, die Dinge anzupacken.“ In meinen Gedanken bin ich immer sehr mutig. Doch deutlich nehme ich das ängstliche Wimmern meines Bauches wahr. Der Gedanke, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben und meiner Angst die Oberhand zu gewähren, macht mich sehr unruhig. Deshalb habe ich eine Anzeige aufgegeben, die am 08.03. in einer hiesigen Tageszeitung erscheinen wird. In dieser Anzeige suche ich Menschen, die Ihre Werke kennen und den Wunsch haben, darüber und über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen.
Erwartungen habe ich keine; aber passieren kann alles.

Liebe Frau Miller, dieser Brief ist nicht für die Rubrik „Leserbriefe“ gedacht. Diesen Brief habe ich an den Menschen Alice Miller geschrieben, einem Menschen, dem zu vertrauen ich gelernt habe und der mir gezeigt hat, was ich tun kann, um ein Leben in Würde und Selbstachtung finden zu können.
Obwohl ich durch die Lektüre Ihrer Bücher seinerzeit dazu angeregt wurde, selbst zu malen, habe ich mir „Bilder meines Lebens “ erst vor einer Woche gekauft. Ich hatte vorher keinen Zugang zu Ihren Bildern, konnte mich selbst darin nicht wiederfinden (hatte es auch lange nicht mehr versucht). Dieses Buch ist der Grund, weshalb ich Ihnen wieder schreibe. In vielen Ihrer Bilder sehe ich so viel Unklares, Losgelöstes, voneinander Getrenntes, und doch auf seltsame Weise miteinander Verbundenes, Verwobenes oder ineinander Verschlungenes. Wie Puzzleteile, die zusammen gehören, aber dennoch – noch – nicht zusammen passen. Auf vielen Bildern befinden sich mehrere Personen, aber sie sind nicht in Harmonie miteinander verbunden, sondern einander fremd. Die meisten Ihrer Bilder lassen Traurigkeit in mir aufsteigen.
Das kleine Mädchen Alice Miller muss sehr viel Verwirrung und Einsamkeit erlebt und sich sehr schutzlos und abgetrennt gefühlt haben.

Manche Ihrer Bilder sind aber einfach nur wunderschön und wecken in mir das kleine Mädchen, das fantastische Geschichten liebte und liebt. Gern beschreibe ich Ihnen einige meiner Eindrücke:

2 ja nichts zeigen
Da ist ein kleines Mädchen, dessen große Augen zur Seite blicken, damit sie nicht verraten können, wie es im Inneren wirklich aussieht. Von hinten legt sich eine große, kalte Hand um den Hals des Mädchens, drückt ihm die Luft ab und hindert es am Sprechen.

6 Die Schweigende
Die zarte Frau mit dem melancholischen Gesichtsausdruck hat den Boden unter den Füßen verloren. Sie schwebt. Sie befindet sich in einem dunklen Tunnel. Ganz hinten im Tunnel befindet sich ein Fenster, aber es ist vergittert, und es ist so klein, dass kein Licht in den Tunnel fallen kann. Als ob das nicht genügen würde, kauert auf dem Weg zum Licht eine Gestalt mit einem Umhang und Kapuze bekleidet, die den Zugang zum Licht bewacht und die riesengroß ist, wenn sie sich aufrichtet. Der Weg ist versperrt. Die junge Frau ist gefangen. Ob sie sich dessen bewusst ist? Sie macht keine Anstalten, zum Fenster zu gehen, sie schaut nicht einmal hin.

11 Evas Erwachen
Ein zartes und luftiges Bild. Eine junge Frau wirbelt beim Tanz bunte Bänder durch die Luft.

21 Die Macht
Links im Bild steht eine junge Kriegerin. Sie ist sehr feingliedrig, hat langes, schwarzes Haar und trägt Stiefel. Sie hält den Oberkörper leicht nach vorn geneigt. Es sieht aus, als würde sie mit dem (sichtbaren) rechten Arm etwas in die Höhe halten. Vielleicht die Waffe, mit der sie das riesige, todbringende Ungeheuer besiegt hat, welches nun zusammengebrochen vor ihr liegt und keine Macht mehr über sie hat.
(Es ist eines meiner Lieblingsbilder.)

22 Ein Kellner
Der Kellner flitzt voll beladen und im Spagat – fast wie ein Tänzer – zwischen den Tischen hin und her, um es seinen Gästen an nichts fehlen zu lassen.
Links im oberen Teil des Bildes befinden sich das Haar, die Stirn, die Augenbrauen und ein Teil eines Auges und der Nase eines Kindes (wie ein Puzzle, bei dem noch Teile fehlen). Darunter befindet sich das fast vollständige Gesicht eines Kindes (quasi im gespreizten Bein des Kellners links im Bild). Im anderen gespreizten Bein des Kellners (im rechten unteren Abschnitt des Bildes) ist noch ein Kind, ich erkenne ein Auge und auch das Kinn. Hat der Kellner die Kinder nicht wahrgenommen, sind sie nicht ernst zu nehmende Gäste?

25 Angst
Das Kind in der Mitte des Bildes fürchtet sich, das ist offensichtlich. Es hat sich zum Schutz einen dicken, warmen Schal um Kopf und Hals geschlungen. Es könnte aber auch etwas sein, dass das Kind unmittelbar bedroht und sich würgend um seinen Kopf und Hals geschlungen hat. Aus einem dichten Nebel – das Kind steckt bis zum Hals darin – steigen bizarre, wabernde und furchteinflößende Gestalten hervor; es können aber auch Gefühle oder Empfindungen sein, die das Kind wahrnimmt, aber nicht erklären kann, weil es noch so klein ist. Links im Bild ragt eine riesige Schlange aus dem Nebel (die Mutter), die ihren Kopf bedrohlich über den Kopf des Kindes erhoben hat.

28 Die kleine Mutter
So ein zartes, unendlich liebevolles Wesen, ein Mädchen. Selbst so bedürftig nach Schutz und Zärtlichkeit, mit Sehnsucht und auch Traurigkeit im Blick, hält es etwas in seinen Armen, einen in Tüchern gewickelten Säugling, schmiegt sein kleines Gesichtchen an das Bündel in seinen Armen, das fast größer ist als es selbst, und ist die Mutter, die es selbst so sehr braucht.

33 Ohne Titel
Links im Bild ist ein Embryo. Er hat sich von der Nabelschnur (rechts) gelöst und gleitet nun völlig allein und auf sich gestellt durch den dunklen und kalten Raum.
Man sollte meinen, dass durch die große, starke Nabelschnur genügend Nahrung zum Embryo hätte gelangen können. Aber vor dem, was tatsächlich durchgekommen ist, hat der Embryo sich schützen müssen.

36 Ohne Titel
Auf dem Bild sind Mutter (links) und Tochter (rechts). Die Tochter ist noch sehr klein; die Mutter hält es an der Hand. Das kleine Mädchen hat etwas entdeckt und weist mit dem linken Arm (im Bild rechts) auf etwas, als wolle es sagen: „Schau mal dort, Mutter!“ Doch die Mutter hat kein Interesse für die Entdeckungen ihres Kindes. Sie zerrt es an der Hand weiter. Die kleine Tochter muss über sich selbst hinauswachsen und ist eigentlich schon viel größer als die Mutter. Sie hält ihrerseits die Mutter am Arm, um sie zu stützen (die große, schlanke Gestalt mit dem kindlichen Gesicht über der Gestalt des kleinen Mädchens).

38 Ohne Titel
Ein blutroter Himmel über einer bizarren Märchenlandschaft. In ihm sind schemenhaft Tiergestalten wahrzunehmen. Rechts oben im Bild befindet sich der Kopf eines alten, weisen Hasen; ich erkenne das Maul (zeigt nach rechts), ein Auge und ein herunter hängendes Ohr. In der oberen Bildmitte ist ein Vogel mit prächtigen Schwanzfedern. Im Nebel (der helle Hintergrund) sehe ich Bäume in bizarren Formen in einer wunderschönen Moorlandschaft.

40 Demütigung
Eine Gestalt liegt auf den Knien. Sie ist in der Mitte durchgebrochen, Oberkörper und Unterleib sind nur noch lose miteinander verbunden. Von oben schießt etwas auf die Gestalt herab und hackt ihr mit etwas Spitzem ein Loch in den Kopf. Die Gestalt kniet vor etwas Undefinierbarem und ist damit wie mit einer Art dünnem Halsband verbunden. Sind es die abgespaltenen Gefühle, welche die Gestalt nicht fühlen darf? Sie könnten die Gestalt nach unten in den Abgrund ziehen, denn sie sind ja immer noch mit ihr verbunden.

42 Ohne Titel
Eine gequälte Kreatur hockt zusammengekauert mit dem Bauch auf dem Boden (wie ein leidendes Tier; der langgestreckte Kopf ist rechts im Bild). Sie hat traurige Augen; das rechte Ohr hängt schlapp auf dem Rücken. Sie ist tödlich verletzt. Zwei Speerspitzen stecken in ihrer Seite.

43 Fast umgebracht
In Stücke gerissen, zerfleischt.
Eine große Sichel erstreckt sich von links mit ihrer Rundung (unten) bis in die Bildmitte. Etwas, was mich an das scharfe Blatt einer Sense erinnert, ist auch da. Drum herum liegen lauter zerfetzte Kreaturen, von denen kaum mehr als die Augen zu erkennen sind.

44 Ganz leicht
Etwas hat es geschafft, aus dem Dunkel nach oben ans Licht zu kommen. Nun ist es selbst das Licht.

48 Mutter geht weg
Auch auf diesem Bild – wie auf so vielen – begegnet mir ein Gebilde, dass mich an ein Embryo erinnert. Das Kind (rechts) ist noch ganz winzig, wie ein Embryo. Eine Schnur fesselt den winzigen Körper und schneidet tief ins Fleisch und macht den Embryo bewegungsunfähig.

50 Ohne Titel
Eine traurige Frau schaut sich suchend um. Es sind noch weitere Menschen da (viele Gestalten links im Bild). aber sie ist trotzdem ganz allein, niemand beachtet sie.

51 Ohne Titel
1) Eine Gestalt liegt tot am Boden. Sie ist verblutet. Der blutbeschmierte Täter hat sich mit gebleckten Zähnen über sie gebeugt (sieht aus wie der riesige Kopf eines Hundes). Links im Bild scheint ein Blitz nach unten in den Boden zu fahren. Jemand ist empört über den Tod der Gestalt.
2) Lange Suche: immer wieder die Richtung wechseln, neue Wege suchen, dabei viele Begegnungen, auch enttäuschende (das Gesicht der Figur oben rechts im Bild ist wieder durchgestrichen).

55 Ohne Titel
Eine nicht mehr ganz junge Frau, deren Gesicht von Müdigkeit gezeichnet ist, hält den Kopf leicht geneigt. Ihr Mund ist leicht geöffnet, hart und ohne Lächeln. Sie wirkt so deprimiert.
Oder sie ist eine hart arbeitende Frau, die sich einen Moment der Muße gönnt, um nach oben zu schauen und die Vögel zu beobachten (was sie so gerne tut), in stiller Freude, ohne dass diese noch die Kraft hat, sich in ihrem Gesicht wiederzuspiegeln.
Dies ist eins der Bilder, die mich besonders ansprechen, auch von den Farben her, die erdig, bodenständig sind und die eigentliche Kraft und Fruchtbarkeit der Frau wiedergeben.
Mutter Erde, die wir ja auch bis zum letzten Tropfen aussaugen. Fühlt diese Frau sich so?

56 Ohne Titel
Eine Frau mit wunderschönen großen Augen und melancholischem Zug um den Mund, aber wachem Blick. Sehr kraftvolle Farben voller Lebendigkeit, ein sehr schönes Bild.

60 Ohne Titel
Eine zornige Kreatur, in deren Brust ein Kampf stattfindet, ein Kampf um Leben und Tod. Es fliegen die Fetzen; da gehen Gestalten mit Waffen aufeinander los. Gefangene, brodelnde Wut.
(Das war ich vor 20 Jahren, als ich noch nicht erkennen und benennen konnte, dass sich in meinem Inneren der kognitive und der emotionale Bereich wie Feinde gegenüberstanden.)

61 Keine Kommunikation
Die Frau links im Vordergrund ist einsam. Es sind noch Andere um sie herum, aber sie ist nicht in der Lage, Verbindung aufzunehmen. Sie schaut dahin, wo niemand ist. Eine Frau mit einem Kleinkind auf dem Rücken (rechts im Bild) geht achtlos an ihr vorbei. Diese hat kein Lächeln im Gesicht, das Kind auch nicht.

66 Ohne Titel
Ein kleines anrührendes Kind. Es trägt etwas in sich, was es schützen muss. Dieses Etwas hat noch nicht recht Form angenommen, aber es erscheint mir gespannt und neugierig (wie ein kleiner Säugling), und es möchte beachtet und geboren werden. Etwas sehr Liebevolles, aber Einsames spricht aus diesem Bild. Das Kind mag einsam sein, aber es ist reich in seinem Inneren. Doch wer zeigt dies dem Kind?

Liebe Frau Miller, Ihre Bilder sprechen Bände. Ich vermute, dass für jeden, der das misshandelte Kind in sich entdeckt, die Verarbeitung all der Schmerzen ein lebenslanger Prozess sein wird, in dem man – einmal sensibilisiert – immer wieder etwas Neues entdeckt. Dass Sie für sich diesen langen und beschwerlichen Weg auch gegangen sind, macht Sie für mich so glaubwürdig. Noch nie, nicht ein einziges Mal, habe ich bei der Lektüre Ihrer Bücher Warnungen aus meinem Bauch empfangen, so ein Gefühl wie „Angelika, pass auf! Hier stimmt was nicht!“
Ich würde mich freuen, wenn die Eindrücke Ihrer Bilder auf mich auf Sie anregend wirken würden.

Ich frage mich, ob jemand, der kein unterdrücktes oder misshandeltes Kind war, in Ihren Bildern Ähnliches wahrnehmen oder zu ganz anderen Deutungen finden würde. Meine Deutungen verraten mir auch viel über mich selber. Je öfter ich die Bilder betrachte, desto mehr nehme ich wahr und desto mehr muss ich weinen. Ich bin dankbar dafür, dass ich noch Tränen habe.
Obwohl seinerzeit durch Ihre Bücher dazu angeregt, habe ich nur sehr wenig gemalt. Dafür habe ich für mich deutlich festhalten können, was in meinem Inneren zu finden wäre, könnte man den Kopf aufklappen und hineinschauen. Meine für mich wichtigsten Bilder habe ich dieser Email beigefügt. Das Sterben habe ich aufhalten können, die Angst und die damit verbundene Sprachlosigkeit sind noch sehr stark vorhanden.

Liebe Frau Miller, Sie können nicht ahnen, wie viel es mir bedeutet, dass ich die Möglichkeit habe, mich an Sie wenden zu dürfen. Damit kann ich meinen inneren Wachstumsprozess in Gang halten. Mir ist klar, dass Sie sehr viele Zuschriften erhalten und dass Sie nicht jede beantworten können. Das macht gar nichts. Trotzdem sind Sie ein Mensch, mit dem ich viel kommuniziere. In den letzten Jahren habe ich in meinen Auseinandersetzungsbüchern nicht mehr viel zu Papier gebracht. Mir fehlte etwas, jemand, dem ich das alles erzählen konnte. Heute ist es so, dass ich oft in Briefen zu Ihnen spreche, auch wenn ich diese nicht absende. Dennoch sind diese Briefe für mich sehr wertvoll, weil ich in ihnen versuche, mich so deutlich wie nur irgend möglich mitzuteilen. Das hat zur Folge, dass mir immer mehr immer klarer wird. Die Antworten auf meine Fragen liegen in mir selber, und ich entwickle immer mehr die Fähigkeit, meine Fragen selbst beantworten zu können. Dafür danke ich Ihnen.

Ich grüße Sie und das ganze Team sehr herzlich, A. T.

AM: Sie haben mir eine sehr, sehr große Freude gemacht. Genau so habe ich mir die Reaktionen auf mein Buch gewünscht: dass jemand meine Bilder mit seiner, ihrer Seele anschaut und frei ist, sich selbst, seine Gefühle, seine Geschichte in dieses Sehen hineinzubringen. Mit Ausnahme von Barbara Rogers hat das bisher niemand versucht. Die meisten Betrachter fühlen sich vielleicht verunsichert und wollen das „Richtige“ treffen statt das zu sagen, was sie sehen, weil sie das nicht für wichtig halten. Sie hatten diese Freiheit, und Ihr Brief ist mir sehr teuer.
Ihre Bilder zeigen sehr viel Angst und Verzweiflung. Ich habe sie lange angeschaut. Das Malen ist ein Prozess, wichtig ist, dass man sich darauf einlässt und diesem Prozess vertraut. Hat sich jemand auf Ihre Anzeige hin gemeldet? Haben Sie den gestrigen Brief von K.B. gelesen?

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet