Flashbacks als Hilfe

Flashbacks als Hilfe
Thursday 08 September 2005

Liebe Fr. Miller,

ich bin etwas aufgeregt Ihnen schreiben zu dürfen. Ich finde mich in Ihren Büchern wieder und Sie haben mir- und helfen mir sehr. Vielen Dank, Sie haben ein großes Werk geschaffen.

Ich habe natürlich noch ein paar Fragen an Sie und irgendwie den Wunsch mich Ihnen mitzuteilen.

Wie es zu Ihren Büchern kam:(Erzähle meine Geschichte)
Ich leidete sehr unter den starken Gefühlen der Einsamkeit. Mein größtes Problem war, dass ich seit geraumer Zeit keine Menstruation bekam. Ich suchte mir Rat bei mehreren Gynokologen. Fast alle rieten mir bei meiner Problematik die Hormone”Pille” einzunehmen. Ich fühlte mich sehr allein, denn mein Wunsch war es gewesen den “wahren Grund” meiner fehlenden Menstruation heraus zu finden und nicht mit den Hormonen meinen Körper anzulügen. Ein führender Arzt der Ärztekammer befahl mir regelrecht die Hormone zu nehmen und drohte mir in 2 Jahren ein Mann zu sein und nie in meinem Leben Kinder bekommen zu können. Ich wurde immer schwächer…stand mit mir ganz allein da. Was tat ich, 3 Tage nahm ich die Hormone ein. Am dritten Abend brach ich vor Erschöpfung und Tränen der Verzweiflung zusammen. Setzte die Tabletten sofort ab. Es konnte so nicht weiter gehen.Interessant ist, das meine Eltern mir ebenfalls ausdrücklich ans Herz gelegt hatten, den Rat der Ärzte zu befolgen. Ich hatte schließlich dazu auch noch Akne bekommen und das ist nach außen für meine Eltern kein gutes
Erscheinungsbild. Sie waren wie sonst auch, nicht in der Lage “wirklich” auf mich einzugehen.

Endlich, kurze Zeit später platze der Pickel! Ich besuchte eine Therapeutin die zum erstenmal mich fragte, ob in meiner Kindheit sexueller Missbrauch statt gefunden hätte. Ich verneinte diese Antwort. Hatte keine Ahnung…beschäftigte mich aber mit dem Thema intensiv und distanzierte mich von meinen Eltern.

Paar Tage später, abends, brach ich zusammen und fing an zu schreien und weinen. Ich schrie ständig “du perverses Schwein” und hatte ein Bild, wie ich mich als kleiner Säugling oder Kleinkind von oben sehe und wie vor mir mastrubiert wird. Mein Opa.

Es schmerzte mich aber dieser “Flashback” war für mich so heilsam innerlich, das ich kurze Zeit später meine Menstruation von ganz alleine bekam und sie bis heute 2 Jahre später immer noch da ist. Pickel weg! Eltern Weg! Opa weg!

Ich konfrontierte meine Eltern. Sie glaubten mir nicht. Sie setzten alles daran, die alte Nadine zu bekommen. WIE SIE SO SCHÖN IMMER SCHREIBEN. Zum Glück hatte ich einen Halt, in der Wg, in der ich wohnte und meine Therapeutin. Denn die Verwirrung und die Zweifel im nach hinein sind groß gewesen. Wenn ich diese Menschen nicht gehabt hätte, wäre es um einiges schwieriger gewesen.

Ich hasste meinen damaligen Beruf, den mein Vater für mich ausgesucht hatte. Friseurin. Ich fasste endlich auch da den Mut, den Beruf zu beenden und mir erstmal Zeit für mich zu nehmen und meinen Gefühlen.

Und da kommen Sie. Ihre gelungende Hilfe. Ich begann, mehr und mehr zu hinterblicken. Sie geben mir immer wieder Halt, das ich mit meine Gefühlen richtig bin. DANKE

Habe mich entschlossen mein Abitur nach zu machen, bin schon dabei. Meine Vorstellung war, ein Psychologie Studium zu beginnen. Da fing es auch schon an, im ersten Halbjahr der Schulzeit, brauchte ich das Wort “Kindheit” im Unterricht nur erwähnen, da startete schon eine große Diskussion. Ebenso im
Geschichts Unterricht, das tat mir so weh, wir schauten uns im Buch ein Bild er typischen Arbeiter Familie an und analysierten nur die Kleidung. Ist das nicht schlimm. Dann wird über geschichtliche “Helden”
gesprochen, so heilig, eigentlich waren es Massenmörder. Somit kam ich zum erstenmal mit meiner Wahrheit wieder an die Grenze. Ich merkte, das Ihre Worte in meiner Seele balsamieren und anderen
wiederrum nur interlektuelles Wissen vermittelten. So erfuhr ich auch, das es Psychologie gibt, die ich nicht mit mir vereinen kann. bzw. wo ich auch an Grenzen stoße! So letztens eine Studie, das nageblich der Einfluß der Eltern für das Kleinkind kaum von Bedeutung wäre.

Meine Fragen an Sie: Könnten Sie eine Universität empfehlen? Kennen Sie vielleicht Professoren, die mit Ihrer Arbeit eng verbunden sind? Gibt es überhaupt Unterschiede an den Uni`s?

Jetzt noch eine Frage an mein verdrängtes Wissen. In diesem “Flashback” sah ich mich von oben! Kommt das öfters vor?

Finden Sie nicht viellecht auch ein Zusammenhang.Die Sexualität heute”dank der Pille” und dem verschliessen der eigenen Weiblichkeit, dem eigentlichen erlebten? Ich finde die “Pille” wirkt genauso, wie das Psychopharmaka?!

Jetzt, habe ich soviel geschrieben und würde Ihnen am liebsten noch viel meht erzählen.Ich hoffe, dass ich Ihnen nicht zu nahe getreten bin, weil ich meine ganze Geschichte des Aufwachens geschildert habe(bzw. den wichtigste Teil)

Narürlich freue ich mich riesig, wenn ich von Ihnen Antwort auf meine Fragen bekomme! Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie unter einem Pseudonym meine Geschichte in den Bereich Gästebriefe einsetzen. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Liebe und Gute. Danke, *wenn doch jeder Ihre Worte hören könnte*…

N.B.

A.M.: Ich danke ihnen sehr für Ihren Brief und bin froh, dass wir ihn publizieren können, weil er auch ähnliche Geschichten repräsentiert, über die ich aus Diskretionsgründen nicht berichten darf. Er zeigt so deutlich, wie die Ahnungslosigkeit mancher Mediziner und mancher Eltern weiter dazu beiträgt , dass die emotionalen Ursachen einer “Erkrankung” (im Grunde einer logischen Funktionsstörung) im Dunkeln bleiben . Auch was Sie über den Unterricht in der Schule berichten, ist aufschlussreich. Leider kenne ich keine Professoren und keine Therapeuten, die ähnlich wie ich denken und nicht um jeden Preis die Eltern schonen. Darüber habe ich viel in den letzten Artikeln (zB Die Revolte des Körpers – eine Herausforderung) geschrieben und in den Interviews gesagt. Vielleicht hilft Ihnen diese Lektüre, weiter zu Ihren eigenen Gefühlen zu stehen, etwas, dass Sie bereits im erstaunlichen Maße geschafft haben. Dazu gratuliere ich Ihnen. Das von Ihnen beschriebene Phänomen ist häufig anzutreffen: Das bedrohte Kind hilft sich dadurch, dass es seine Wahrnehmung abspaltet, es erlebt sich quasi außerhalb seines Körpers und beobachtet die Vergewaltigung wie von außen, wie von der Decke des Zimmers aus. Ehemalige Opfer von sexueller Gewalt erzählen häufig, dass sie sich so erlebten. So konnten sie die Wahrheit und den Schmerz von sich fernhalten, bis die Erinnerung durchbrach und ihre Symptome verschwanden. Es ist ein Skandal, dass man allgemein versucht, solche heilsamen und, wie Sie zeigen, befreienden Prozesse mit Medikamenten oder schwachsinnigen Theorien zuzudecken und dass so viele der sogenannten Experten dabei mitmachen.
Ich wünsche Ihnen weiter viel Mut und Klarheit, die Sie bisher mindestens deutlich an den Tag legten!

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet