Wenn die Seele durch den Körper spricht

Wenn die Seele durch den Körper spricht
Saturday 30 September 2006

Guten Tag Frau Dr. Miller.

Gestern hörte ich im Deutschlandfunk ein Feature von Burkard Reinharts mit dem Titel „Wenn die Seele durch den Körper spricht“. Es ging um psychosomatische Störungen.

In dieser Sendung kamen Sätze vor wie etwa:

Platon: „Willst du den Körper heilen, musst du zuerst die Seele heilen. … Die Seele aber werde behandelt durch schöne Worte und durch Besprechungen, denn durch diese entsteht in der Seele Heilung.“

Hipokrates: „Erst das Wort, dann die Arznei, dann das Messer.“

Antiphon: Erfinder der Tröstungskunst. Methode des Spiegelns. Empathie des Therapeuten und seelische Entlastung des Patienten.

Paracelsus von Hohenheim: Beziehungsmedizin ist die einfühlsame Beziehung zwischen Arzt und Patient. „Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe.“

Michael Balint: „Nicht die Tabletten oder die Medizin sind ausschlaggebend, das wichtigste Heilmittel ist der Arzt selbst.“ Die inneren Konflikte und sozialen Spannung müssen wahrgenommen und sensibel aufgezeigt werden.

Zwar wurde nicht direkt von seelischen Belastungen aus der Kindheit gesprochen, – abgesehen von einem Patienten, der von seiner strengen Mutter berichtete – aber es wurde auch nicht in Abrede gestellt, dass dort Ursachen für viele Störungen liegen, die der Körper zum Ausdruck bringt. Ich musste an Ihr Buch „Die Revolte des Körpers“ denken, als ich dies hörte.

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Mit freundlichen Grüßen, E. C.

AM: Dieses Schönreden ist nichts Neues; so redet und schreibt man seit Jahrtausenden. Das ist überaus erlaubt, aber auch fruchtlos. Leider darf man nirgends die Wahrheit sagen – nicht sagen, WESHALB die Seele leidet. Sie leidet nämlich IMMER unter Verletzungen, die sie schon am Anfang ihres Lebens von den Eltern oder Ersatzeltern erfahren hat und NICHTS DARÜBER WISSEN DARF: Sobald sie es darf, geht es dem Körper besser. Daher brauchen wir Therapeuten, die sich und ihren Klienten dieses Wissen ERLAUBEN, damit deren Wunden endlich im Licht vernarben können. In der Dunkelheit der Verleugnung können sie dies nicht; sie werden das ganze Leben lang immer wieder aufgekratzt, und der Schmerz, dessen Ursachen unbekannt bleiben, wird immer aufs Neue aktiviert.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet