Dissertationsprojekt

Dissertationsprojekt
Tuesday 22 August 2006

Sehr geehrte Frau Dr. Miller,

seit einiger Zeit bin ich wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Würzburg, und eine ganze Weile war ich auf der Suche nach einem (literaturwissenschaftlichen) Promotionsthema, das mich möglichst lange interessieren würde.

Im Frühjahr dieses Jahres stieß ich auf Ihre Publikationen und las sie mit immer größer werdendem Interesse. Die Wahrheiten, die Sie nicht müde werden zu erläutern, kann ich zwar, da ich nicht vom Fach bin, nicht vom wissenschaftlichen Standpunkt aus kritisieren. Aber gefühlsmäßig überzeugen sie mich völlig.

Nachdem ich über das Thema “Kindesmisshandlung” und Gewalt gegen Kinder weiter recherchiert hatte, war plötzlich das Thema für meine Promotion klar: “Psychische Gewalt gegen Kinder in der deutschen Literatur”.

Einschlägige Beispiele finden sich ja in Ihren Publikationen, so zum Beispiel Hesses “Unterm Rad” und einige autobiographische Zeugnisse, an denen sich die Folgen der Gewalt und auch die Folgen seiner Introjekte ablesen lassen.

Bei meiner Arbeit stehe ich natürlich noch am Anfang. Zuerst geht es darum, einen geeigneten Gewaltbegriff mir selbst zu bilden, gleichzeitig darum, einen geeigneten Textkorpus zusammenzustellen, auf den ich diesen Gewaltbegriff beziehen kann. Der folgende Schritt wäre, zu betrachten, in welcher Art Gewalt dargestellt wird, beispielsweise näher zu untersuchen, welche Täter-Opfer-Beziehungen gestaltet werden, welche Folgen die Gewalt auf den Protagonisten hat etc.

Ihnen auf diesem Weg mitzuteilen, welche “Früchte” Ihre Arbeit und Ihr Engagement gegen Kindesmisshandlung bringt, ist eines meiner Anliegen.

Wenn Sie weitergehendes Interesse an meinem Projekt hätten (einen Doktorvater und eine Art Coach habe ich inzwischen, das sind schon einmal gute Grundlagen), würde ich mich sehr darüber freuen.

Mit besten Grüßen, (Frau) G. H.

AM: Die deutsche Literatur ist voll von Zeugnissen seelischer Grausamkeit den Kindern gegenüber, die aber als solche nicht erkannt wird, weil sie als die normale strenge Erziehung bezeichnet wird. Mit einer neuen Perspektive könnten Sie viele Entdeckungen machen, vorausgesetzt, dass Sie sich erlauben zu fühlen. Vielleicht könnten Ihnen mein Gespräch mit Thomas Gruner über “Kindheit und Gesellschaft” auf der Seite “Interviews” in dieser Website sowie meine letzten Artikel einige Anregungen geben. Und vor allem das Buch “Die Revolte des Körpers”.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet