Gewitterangst

Gewitterangst
Thursday 27 March 2008

Sehr verehrte Frau Miller,
ich habe einige Ihrer Bücher gelesen und verdanke Ihnen sehr viel in Bezug auf die Wahrnehmung und Betrachtung meiner Kindheit!
Eine Sache belastet mich bis Heute: Die Gewitterangst. In Ihrem Buch „ Die Revolte des Körpers“ erwähnen Sie mal so nebenbei, dass Gewitterangst auch ein Hinweis für eine defizitäre Kindheit sein kann.
Ich weiß, woher die meinige rührt, nämlich eigene Ängste der Erwachsenen, die bei Gewittern alle Lichter löschten, das Essen einstellten und an zu beten fingen.
Vor einigen Jahren, während meiner Verhaltenstherapie, habe ich den Therapeuten um Rat gefragt ob meiner panischen Gewitterangst, die mich schrecklich viel Energie kostet jedes Mal; er wusste jedoch keinen Rat, ebenso eine ansonsten kompetente Homöopathin. Gelesen habe ich von einer Konfrontationstherapie, in der der Betroffne direkt mit Gewittern konfrontiert wird – allein der Gedanke löst größten Stress bei mir aus. Haben Sie eine Idee?
Ich wäre Ihnen für einen Hinweis überaus dankbar!
Im Übrigen, machen Sie weiter so, dass Sie sich unermüdlich für das Wohl von Kindern einsetzen und damit letztlich von uns allen!
Ich habe Ihre Bücher schon vielen Bekannten und Freunden empfohlen, die davon sehr berührt waren, denn oft bekamen sie dadurch erstmals eine Ahnung von sich selbst!
Persönlich wünsche ich Ihnen alles Gute , viel Leichtigkeit des Seins und Lebensfreude, trotz mancher „ Narben“, S. D.

AM: Ich denke, Sie müssten sich nicht mit einem Gewitter konfrontieren, sondern mit Ihren Eltern, die ihre Ängste vor dem Gewitter (vermutlich vor den Wutausbrüchen ihrer eigenen Eltern) IHNEN zugeschoben haben. Sagen Sie Ihnen, wie Sie sich fühlten, als Sie aufhören mussten zu essen und statt dessen in Angst beten sollten; sagen Sie Ihnen, dass es gemein sei, Angst in die Kinderseele zu pflanzen statt das Kind zu beruhigen, wenn man keinen Mut hat, die Gründe der eigenen Angst zu erforschen. Vermutlich werden Sie dann einen Wutausbruch Ihrer Eltern erleben, der Sie von Ihrer Gewitterangst heilen mag.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet