Artikel im Stern III

Artikel im Stern III
Friday 11 January 2008

Sehr geehrte Frau Miller,

ich habe nochmal über ihr “Unverständnis” nachgedacht und kann es nicht ganz verstehen.

Gerade ihr Lieblingsfall Hitler, zeichnet sich ja dadurch aus, dass er bis in die Jugendzeit hinein geschlagen worden ist. Und Hitler war wirklich Dauerkriminell. Und auch viele ihrer eigenen Beobachtungen und Beschreibungen lassen den Schluss zu, dass es einen großen Unterschied macht, ob man “nur” in der Kindheit oder auch in der Jugendzeit geschlagen worden ist.

Wie sehen sie das?

Beste Grüße, M.

AM: Ich habe geschrieben: “Es ist doch gerade das Schlagen der kleinen Kinder für die Gehirnentwicklung gefährlich, weil sich das menschliche Gehirn in den ersten Jahren, zwischen 0 und 3-4 Jahren FORMT und dies im rasanten Tempo, das später deutlich nachlässt. Daher ist die Gefahr des Schlagens der KLEINEN Kinder AM GRÖSSTEN “. Denn das Gehirn erhält zu dieser Zeit die Botschaft, dass Gewalt gegen Schwächere harmlos sei. So erzogene Menschen behaupten ihr Leben lang, die Schläge ihrer Eltern hätten ihnen nicht geschadet. Ihren “Argumenten” ist mit dem neuen Wissen nicht beizukommen, sie verstehen gewöhnlich nicht, worum es geht, weil sich ihr Gehirn mit der falschen Botschaft strukturiert hat, außer wenn sie ihre damaligen Schmerzen entdecken und zu fühlen lernen. Natürlich kann auch der geschlagene Jugendliche gewalttätig werden, aber er trägt keine diesbezüglichen Schäden im Gehirn, wenn er als kleines Kind nicht geschlagen wurde. Das kommt zwar selten vor, doch es ist möglich, wenn z.B. die guten Eltern gestorben sind und der Jugendliche von gewalttätigen adoptiert wurde.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet