Muss Liebe Leiden bedeuten?
Saturday 24 March 2007
Liebe Frau Miller,
nach meiner hochtraumatischen kindheit, in der ich mißbraucht, verraten, gedemütigt und emotional im stich gelassen worden bin, äußern sich meine schwierigkeiten heute, abgesehen von körperlichen symptomen vor allem in meinen beziehungen zu männern. ich habe schon viel aufgearbeitet und ich habe Ihnen vor ca. 1.5 jahren einen brief geschrieben in dem ich von meinen ständigen grippalen infekten erzählt habe. ich war ständig krank, asthma, angina, grippe. seit ich mich diesem problem angenommen habe und versuche “nein” zu sagen wenn ich “nein” meine und somit mich nicht mehr so überfordere wie früher (konnte freundinnen nie “nein” sagen wenn sie probleme hatten) war ich kein einziges mal mehr krank. ich bin seit dezember 2005 kein einziges mal mehr krank gewesen, früher jedes zweite monat.
was mich im moment quält ist die frage woran man eine übertragung an den eigenen freund/partner erkennt? wie merke ich ob es meine schmerzen aus der kindheit sind die hochkommen oder ob es am verhalten meines partners liegt, das mir jetzt gerade etwas weh tut. ich könnte Ihnen ein und dieselbe situation auf zwei völlig verschiedenen versionen erzählen. in der einen hab ich ein verhalten meines freundes sofort und auf der stelle als verrat empfunden wo keiner da war. in der anderen version werde ich ihnen das gegenteil erzählen. in der einen version werde ich Ihnen sagen, daß mein freund nie mit mir auf urlaub fahren will in der anderen: daß ich sein “nein ich mag nicht skifahren” als prinzipielle ablehnung meinerseits empfinde, die es nicht ist.
ich habe das gefühl ich gerate leicht in panik wenn ich nur die vermutung habe er lehnt mich ab und interpretiere dinge die er sagt als sofort negativ.
woran erkennt man übertragungen? der schmerz fühlt sich tief und fast unerträglich an. vielleicht erkennt man es daran? an der intensität des schmerzes?
oder ist es so, daß ich seine persönlichen schwierigkeiten z.b. daß er sich nicht festlegen kann, als gegen mich interpretiere obwohl es eben eine eigenschaft von ihm ist, die nicht gegen mich ist?
diese frage dreht sich bei mir im kreis und läßt mich nächtelang wachliegen.
mit lieben grüßen
V
AM: Sie haben in den letzten drei Jahren enorme Fortschritte erzielt. Sie erlauben sich die Augen noch weiter aufzutun, und Sie sehen, wie Ihr Körper Ihnen dafür dankt. Doch offenbar meinen Sie immer noch, dass Liebe und Leiden unzertrennlich seien. Das muss gar nicht so sein, aber so war es in Ihrer Kindheit. Sie liebten Ihre Eltern über alles und haben gewartet, dass sie sich ändern, damit Ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Einem Kind bleibt ja nichts anderes übrig. Erst jetzt kann vielleicht die berechtigte Frage der Erwachsenen auftauchen: Weshalb hänge ich so sehr an Beziehungen, die mich leiden lassen? Hängt das nicht mit meiner Kindheitsgeschichte zusammen? Warum gibt es unter Millionen von Männern nur solche für mich, bei denen ich meine Bedürfnisse nicht leben kann und meine Enttäuschung unterdrücken muss?