Psychoanalyse
Tuesday 29 April 2008
Liebe Alice Miller,
in einer Antwort lehnen Sie die Psychoanalyse ab.Das Ergründen der Vergangenheit,das Anschauen der gespeicherten Erinnerungen:ist das nicht eine Analyse der Psyche im wirklichen Wortsinn?
Und hat nicht normalerweise der Therapeut Angst vor einer wirklichen Analyse?
In einer anderen Antwort auf einen Leserbrief freuen Sie sich mit einem Menschen, der den Tod der Eltern zur eigenen Gesundung glaubt zu brauchen.In meinem Verstehen beruht wirkliche Gesundung auf der Wiedergewinnung meiner ungehinderten Emotions-Gefühlsabläufe. Und damit gewinne ich mein Mitgefühl wieder, egal für welchen Menschen,überhaupt jedes Lebewesen.
Kennen Sie den Film “die Götter müssen verrückt sein”? Die Szene, bei der ein Kind ein anderes im Affekt mit der vom Himmel gefallenen Colaflasche schlägt? Sofort nach der Tat schlägt es die Hände über seinem Kopf zusammen und bereut,weil es den Schmerz des anderen Kindes mitfühlt!
Kann man sagen,das Mitgefühl für andere ist ein Gradmesser für die psychische Gesundheit? Und daraus gefolgert:solange ich Wut und Zorn auf andere Menschen in mir habe,bin ich noch nicht da,wo ich ganz bei mir bin?
im Ringen um Verstehen ein Gruß aus Karlsruhe, I. K.
AM: Das Ziel einer erfolgreichen Therapie ist der freie Zugang zu ALLEN Gefühlen, der die emotionale Redlichkeit ermöglicht. Moralistische, pädagogische und religiöse Vorstellungen, an denen Sie sich zu orientieren scheinen und die leider auch der Psychoanalyse zugrundeliegen, blockieren diesen Zugang. Gegen diese Blockierung wehrt sich der Körper, der die GANZE Wahrheit kennt, mit Symptomen. Diese können nur durch die Anerkennung der eigenen Geschichte bekämpft werden, nicht aber mit dem Selbstbetrug zugunsten der traditionellen Moral, wie sie heute immer noch in allen mir bekannten Therapierichtungen unreflektiert herumgeistert. Ihr Brief bringt diesen “Geist” deutlich zum Ausdruck, und wir publizieren ihn hier als Beispiel.