Ein Brief an meinen Vater

Ein Brief an meinen Vater
Saturday 24 November 2007

Sehr geehrte Frau Miller,

ich habe meinem Vater einen Brief geschrieben und würde mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie ihn auf Ihre Leserbriefseite stellen möchten.

Ihre Arbeiten und die vielen Erfahrungsberichte und Leserbriefe haben mir die Kraft gegeben, mich den Misshandlern und Mitwissern von damals wenigstens einmal in meinem Leben zu stellen – indem ich das Erlebte anderen kommuniziere. Bisher war ich so eingeschüchtert, dass ich geschwiegen habe. Es war mir immer peinlich, misshandelt worden zu sein, obwohl natürlich nicht ich es war, die sich deswegen hätte schämen müssen. Vielleicht kann ich mit meinem Brief dazu beitragen, dass andere Opfer von Kindesmisshandlung ebenfalls den Mut finden, ihrer Wahrnehmung zu vertrauen und sich der anstrengenden und schmerzlichen Wahrheit zu stellen. Das würde mir viel bedeuten. Ich wünsche Ihnen, Ihrem Team und den Lesern ihrer Bücher und Webseite alles erdenklich Gute. L. P.

Ein Brief an meinen Vater

Zwölf Jahre haben wir nun keinen Kontakt mehr, und das ist auch gut so. Aber da ist etwas, was ich dir trotzdem noch gern sagen möchte. Bis zu meinem dreißigsten Lebensjahr hast du mich niedergebrüllt, lächerlich gemacht, als unnormal diffamiert, sobald ich nur den Mund auftat. Du hast mich, Zeugin und Opfer grausamster Kindesmisshandlung, einschüchtern und stumm machen wollen.

Ich habe das damals nicht sehen wollen. Ich lebte in der absurden Hoffnung, irgendwann, wenn ich mich anstrenge, vielleicht doch noch ein winziges Stückchen elterlicher Liebe und Anerkennung zu erwischen. Dieser Wunsch war vielleicht naiv, ja, aber andererseits auch verzeihlich, wenn man das ungeheure emotionale Defizit betrachtet, das eine von Ausgrenzung, Verwahrlosung und unausgesetzter körperlicher Misshandlung geprägte Kindheit mit sich bringt.

Aus dieser notorischen Bedürftigkeit heraus habe ich Euch idealisiert, meine Mutter etwas weniger, dich etwas mehr. Ich habe eure Grausamkeit und Gefühlskälte immer wieder zu verstehen, zu relativieren und zu entschuldigen versucht. Ich habe nicht sehen wollen, dass eure Ehe ein sadomasochistischer Clinch war und dass eure emotionale Ausstattung nichts anderes hergab. Vor allem habe ich nicht begreifen können, dass ihr nicht nur einander, sondern auch euren Kindern keine Liebe geben konntet.

Ihr habt mir damals, während und nach eurer Scheidung, beide entsetzlich leid getan. Meine Mutter, weil ich ihr Abgleiten in die Schizophrenie, ihren Verfall und ihre Qualen tagtäglich mit ansehen musste, du, weil dein Leben ebenfalls so entsetzlich verpfuscht war. Ich fühlte mich für euer Wohlergehen und euer Glück verantwortlich, und ich hätte alles, wirklich alles getan, um euch beide und damit mich selbst glücklich zu machen. Ich habe euch grenzenlose Liebe und grenzenloses Vertrauen entgegengebracht, so wie jedes Kind. Was ich von euch beiden zurückbekam, waren Gefühlskälte, Hass, Verachtung, Grausamkeit und narzisstische Ausbeutung.

Ich habe in den letzten Jahren gelegentlich bedauert, dass ich es versäumt habe, euch beide anzuzeigen, dich wegen unterlassener Hilfeleistung, sie wegen Körperverletzung und versuchtem Totschlag.

Du hast uns Kinder, einen Zweijährigen und eine Siebenjährige, mit einer Psychopathin allein gelassen, ohne einen Gedanken an die Gefahr zu verschwenden, in der wir waren. Wie es sich für ein Kind anfühlt, sein Leben in der Gewalt einer Person zu verbringen, die paranoid schizophren ist, keine Krankheitseinsicht hat, hochaggressiv, suizidgefährdet und zeitweise so verwirrt ist, dass sie nicht einmal mehr in der Lage ist, vollständige Sätze zu bilden, das kann man sich nicht vorstellen. Es war die Hölle, und ich übertreibe nicht. Sie war vollkommen unberechenbar. Ich hatte entsetzliche Angst, vor ihren Wutausbrüchen, vor den bizarren Dingen, die sie tat und sagte, vor ihren seelenlosen, weitaufgerissenen Zombiaugen.

Wenn sie mich nicht gerade als Klagemauer und als Mülleimer für ihre Wahnideen benutzte, beschränkte sich ihre Kommunikation mit mir auf Kommandos, Beschimpfungen, Verhören und Schlägen. Ich kann mich, wenn ich an all diese Jahre zurückdenke, an keinen friedvollen Moment erinnern. Nicht einmal habe ich mit ihr eine Unterhaltung geführt, ihr von meinen Gedanken, Wünschen, Sorgen erzählen können. Ihre Sprache war die Gewalt. Sie verprügelte mich mehrmals am Tag, schon morgens, bevor ich in die Schule ging, gab es die erste Prügel. Selbst mitten in der Nacht riss sie manchmal die Tür zum Kinderzimmer auf und ging auf mich los. Sie pflegte mit den Fäusten oder mit irgendwelchen Gegenständen – Hausschuhe mit hölzernen Keilabsätzen beispielsweise – auf mich einzuschlagen, bis ihr die Arme wehtaten, und sie brüllte dabei meistens im Rhythmus der Schläge „Ich schlag dich tot, ich schlag dich tot“. Ich hatte immer Angst, dass sie mich oder den Kleinen eines Tages tatsächlich totschlägt. Viel fehlte ja nicht.

Die Anlässe für die Prügelorgien? Ich wurde verprügelt, weil ich beim Zeichenwettbewerb ausnahmsweise keinen Preis gewonnen hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich zu langsam oder zu leise gesprochen hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich nur eine Zwei in der Klassenarbeit nach Hause brachte. Ich wurde verprügelt, weil ich „keinen Schick“ hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich mich mit einem Mädchen abgab, das das Down-Syndrom hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich mich erkältet hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich mich gegen sie verschworen hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich die beiden Kohleneimer, die ich als Achtjährige in den vierten Stock herauftragen musste, einzeln hochgetragen hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich etwas Nettes über meine Großmutter gesagt hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich im Treppenhaus eine Nachbarin gegrüßt hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich meine Mutter an meinen Vater erinnerte. Ich wurde verprügelt, weil ich an der Scheidung meiner Eltern Schuld war. Ich wurde verprügelt, weil ich immer so nervös war. Ich wurde verprügelt, weil ich behauptet hatte, es sei keine Wanze in ihrem Kopf. Ich wurde verprügelt, weil ich gehustet hatte, obwohl sie mir das Husten schon mehrmals verboten hatte. Ich wurde verprügelt, weil ich mit einem gebrochenen Arm nach Hause kam und sie hatte keine Lust hatte, mich zum Arzt zu schaffen… Soll ich fortfahren? Mein Körper war übersät mit Prellungen und blauen Flecken. Neun Jahre lang ging das so. Neun Jahre Hölle.

Und ja, meine Mutter hat mir tatsächlich das Nasenbein gebrochen, auch wenn du das, wieder einmal, als Einbildung abqualifiziert hast. Details gefällig? Ich war zehn oder elf. Ich saß auf dem weißen Badhocker, als der Schlag kam. Es war ein Sonntagnachmittag, und ich wollte eine Schulfreundin besuchen gehen, was sie offenbar provozierte. Erst war ich kurz bewusstlos, und als ich zu mir kam, habe ich aus der Nase geblutet wie ein Schwein. Die ganze Badewanne war rot, unten in der Wanne sammelte sich ein länglicher roter See und meine Mutter brüllte, ich solle ja den Kopf über die Wanne halten, sonst würde ich noch alles dreckig machen. Es tat ganz entsetzlich weh, so sehr, dass es kaum auszuhalten war. Am nächsten Morgen und am übernächsten waren Blutflecke auf dem Kopfkissenbezug. Ich hatte wochenlang immer wieder Nasenbluten, manchmal mitten auf der Straße, und besorgte Passanten fragten mich, ob sie mich zum Arzt bringen sollen, was mir ungeheuer peinlich war. Auch erinnere ich mich noch an das ekelhafte knirschende Geräusch, mit dem sich mein Nasenbein in den folgenden ein, zwei Wochen hin- und herknicken ließ. Auf dem Röntgenbild war die Fraktur doch von da an deutlich zu sehen – und in meinem Gesicht ebenfalls.

Weißt du noch, wie meine Mutter in ihrem Wahn geplant hatte, B. und mich und sich selbst umzubringen? Du wusstest das und hast nichts getan. Sie wollte mit uns von einem Hochhaus springen. In Straßenschuhen und Jacken saßen B. und ich im Wohnzimmer und warteten bereits auf den Marschbefehl, während sie mit dir telefoniert hat und dir ihre Absicht mitteilte. Sie wolle die Kinder und sich selbst töten, sagte sie, wenn du nicht zu ihr zurückkämst. Wenn ich mich recht erinnere, hattest Du ihr geantwortet, du ließest dich nicht erpressen und hast aufgelegt. Du wusstest, in welcher Gefahr wir waren, du kanntest ihre geistige Verfassung. Als Erwachsene fragte ich dich einmal nach diesem Vorfall, du erinnerst dich sicher. Ich fragte, warum du nicht die Polizei gerufen hast. Du wurdest laut und brülltest mich an, ich hätte doch selbst die Polizei holen können. Hast du dich da nicht selbst geschämt, wenigstens ein ganz kleines bisschen? Nein, ich hätte die Polizei nicht holen können. Ich war acht Jahre alt und hatte es mit einer gewalttätigenden, tobenden Schizophrenen zu tun, der ich körperlich weit unterlegen war. DU hättest die Polizei rufen und die Jugendfürsorge informieren müssen. Ich bin noch heute fassungslos, wenn ich daran denke, was für eine Gefahr ihr beide, einer wie der andere, für das Leben eurer Kinder wart. Und der Frage, ob wir Kinder dir „nur“ egal waren oder ob du hofftest, uns auf diese Weise loszuwerden, mag ich gleich gar nicht nachgehen.

Du dachtest immer nur an dein eigenes Wohl, daran, dich selbst in Sicherheit zu bringen. Du hast uns an sie verfüttert, weil du hoffest, dass sie ihre Wut dann an uns abreagiert und nicht an dir. Wie feige, sich hinter kleinen Kindern zu verstecken. Du hast später immer behauptet, das sei für uns ja alles nicht so schlimm gewesen, und außerdem hätten wir es ja nicht anders gewollt, es sei also gewissermaßen unsere eigene Schuld. Schuld, um diese feige und niederträchtige Verdrehung einmal gerade zurücken, Schuld waren nicht wir Kinder. Schuld warst du. Schuld waren die schweigenden Mitwisser, deren Anteilnahme sich damit erschöpfte, über unsere Entwicklungsstörungen, unseren hygienischen Zustand, unsere emotionalen und kognitiven Defizite herzuziehen.

Die Bestialität meiner Mutter habe ich bereits als Neunjährige in aller Klarheit gesehen, gehasst und verachtet. Für dein Verhalten habe ich lange Zeit Erklärungen und Entschuldigungen gesucht. Und noch heute habe ich Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie die Psyche eines Menschen gestrickt ist, der seine Kinder von einer suizidgefährdeten, gewalttätigen Paranoikerin foltern und gegebenenfalls töten lässt und weiter nichts dabei findet. Es ist monströs. Ich denke, dir fehlte einfach die Fähigkeit des Mitleidens, des Mitfühlens. Du hast unseren Schmerz, unsere Todesangst, unsere Einsamkeit geleugnet, um dich deiner Verantwortung für uns zu entledigen. Du hast uns nicht als menschliche Wesen wahrgenommen. Schon als Kinder waren wir in deinen Augen minderwertig, abartig und schlecht, menschlicher Ausschuss sozusagen, für den du dich vor anderen geschämt hast und dessen mindere Qualität es rechtfertigte, dass man sich nicht um ihn kümmerte. Wir waren Abfallprodukte einer Ehe, die du gern vergessen wolltest. Abfall liebt man nicht. Für Abfall muss man keine Verantwortung übernehmen. Den entsorgt man einfach irgendwohin, wo er keinen stört und wo man ihn nicht sehen muss, nicht wahr?

Als ich mich kurzerhand bei dir einquartierte – eine Alternative hatte ich ja nicht – und versuchte, ihr das Sorgerecht entziehen zu lassen, mit sechzehn Jahren bereits am Ende meiner Kräfte, hätte ich Unterstützung gebraucht, Verständnis, Respekt, Zuneigung, um die schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten. Wie ausgenutzt und wie heroisch du dich gefühlt hast, nur weil du mich ein paar Jahre lang widerwillig in deiner Wohnung beherbergen musstest! Und ebenso wie meine Mutter hast du mich dazu benutzt, dein Hass und deine Aggressionen auszuagieren. Ich war schwach, verzweifelt und zerstört, ich war das ideale Opfer. Es hat dir Spaß gemacht, mich fertigzumachen. Du hast deine Feindseligkeiten damals damit begründet, dass ich schlecht, dumm, peinlich, aggressiv und unnormal sei. Nein, ich war nichts davon, ich war eine angepasste und verängstigte graue Maus. Das, was dich in Wahrheit an mir störte, war schlicht und einfach die Tatsache, dass ich da war. Du hattest Angst, dass ich anderen von den Misshandlungen erzähle, hast das Ganze vertuscht und mich zum Schweigen gebracht. Du hast mich beschimpft, diffamiert, ausgegrenzt, lächerlich gemacht, gedemütigt, alle meine Grenzen verletzt, bis ich kurz davor war, mich umzubringen. Ich konnte irgendwann einfach nicht mehr. Du hast dich daran aufgegeilt, welche Macht, die du damals über meine kleine armselige Existenz hattest. Das, was du damals mit mir gemacht hast, die sadistische Begeisterung, mit der du mein Selbstwertgefühl, meine Persönlichkeit, mein gesamtes ohnehin schon bescheidenes Leben zu ruinieren versucht hast, mit der du mir jedes schöne Erlebnis, jeden Erfolg, jeden glücklichen Moment zerstört hast, das war ebenso erbärmlich wie die physischen Misshandlungen in den Jahren davor.

Du konntest es nicht ertragen, wenn mich jemand mochte, wenn mir Gutes widerfuhr, wenn ich glücklich war. Als ich dich einmal fragte, was du denn dagegen hättest, dass ich ein normales Leben führen will, erwidertest du: „Warum soll es dir besser gehen als mir?“ Wenigstens einmal warst du ehrlich. Du wolltest, dass es mir schlecht ging, weil es dir selbst schlecht ging. Aus Missgunst wolltest du mich leiden sehen. Ich muss schon sagen – bei der Auswahl meiner Eltern hat das Schicksal ziemlich tief in die Keramik gegriffen.

Was meine Mutter getan hat, all diese entsetzlichen Sachen, das hat sie unter dem Einfluss ihrer Psychose getan. Das entschuldigt zwar nichts, aber es ermöglicht mir immerhin die Illusion, dass es nicht ihr wirkliches, bewusstes Ich war, dass die Misshandlungen begangen hat. Doch das, was du getan und unterlassen hast, ist nicht entschuldbar. Dass du schwach, überfordert und verzweifelt warst, dass du Angst hattest, dass du selbst bedürftig warst, das wäre alles verzeihlich gewesen. Nicht jeder ist zum Held geboren. Aber wenn sich Schwäche mit Sadismus mischt, wenn man diejenigen, die man zu Gewaltopfern hat werden lassen, zusätzlich noch demütigt, verhöhnt, ausgrenzt und verachtet, dann ist das einfach nur noch widerwärtig. Du hast dich immer entsetzlich für mich geschämt und auch keine Gelegenheit ausgelassen, mir das mitzuteilen, erinnerst du dich? Du hast mich nicht einmal zu deinem sechzigsten Geburtstag einladen wollen, mit der Begründung, dass ich mich mit meinem „einfachen“ Universitätsabschluss unter deinen promovierten Gästen sicher nicht wohlfühlen würde. Wenn man sich hier für jemanden in Grund und Boden schämen muss, dann sicher nicht für mich.

Was ich dir noch zu sagen hatte, habe ich gesagt. Ihr habt mir eine alptraumhafte Kindheit und Jugend beschert, mich gehasst und beinahe mein Leben zerstört, aber glücklicherweise nur beinahe. Normale Eltern wollen, dass es ihre Kinder einmal besser haben. Das, was ihr für eure Kinder wolltet, ist auf euch zurückgefallen. Und da ihr beide so grandios gescheitert seid, an eurer eigenen Kälte und Bosheit zugrunde gegangen seid – jeder auf seine Art –, erübrigt sich eigentlich jeder Wunsch nach Genugtuung. Aus einer sehr, sehr distanzierten Position heraus seid ihr fast ein wenig bedauernswert. Ihr habt verloren, euch selbst habt ihr verloren, eure Kinder, eure Menschlichkeit. Ihr habt nichts Gutes geschaffen, niemandem Liebe gegeben oder einen Grund, euch zu achten. Ihr wart unglücklich und habt andere unglücklich gemacht. Ihr habt euer einmaliges und unwiederbringliches Leben vergeudet, während euer einstiges Opfer ein glückliches, erfülltes Leben führt, ein Leben, das frei von Misshandlungsbeziehungen ist. Ich bin – auch wenn immer ihr anderer Meinung wart – ein wertvoller und liebenswerter Mensch, und ich führe ein Leben, für das ich mich nicht schämen muss.

Mein Leben ist besser als deins.

AM: Ich war zutiefst erschüttert, als ich Ihren Brief las, für den ich Ihnen von Herzen danke. Zugleich empfand ich eine Art Dankbarkeit für das Schicksal, das dem kleinen aufgeweckten, tapferen, klugen Mädchen geholfen hat, nicht nur das schreckliche Gefängniss ihrer entsetzlichen Eltern zu überleben, sondern intakt zu bleiben, die volle Klarheit und den ungewöhnlichen Mut zu bewahren, um zu SEHEN und ANZUKLAGEN, ohne “Aber”, ohne Illusionen, ohne Selbstbetrug. Diese Haltung ist sehr selten anzutreffen, und Ihr Brief wird sicher anderen helfen, ihre eigene Situation zu sehen und auf die “Abers” zu verzichten. Wenn Sie nichts dagegen haben, können wir diesen Brief auch in französisch und englisch publizieren. Das möchte ich tun, weil hier das Kind die Kraft hat, auch für unzählige andere Kinder zu sprechen, die gezwungen sind, den mehr oder weniger sichtbaren Wahn ihrer Eltern jahrelang zu ertragen und diesen als NORMAL zu erleben. Durch diese Ahnungslosigkeit geprägt, bleiben sie häufig ihr Leben lang blind für das Leiden der Kinder und empfehlen nach wie vor körperliche Strafen. Sie arbeiten für sinnlose “Forschungen”, für die Pharmaindustrie, organisieren Kriege, produzieren grausame Filme und wissen gar nicht, dass sie immer noch im Gefängnis ihrer kranken Eltern “leben”, weil sie nie den Mut hatten, deren Wahn zu durchschauen, und daher mit dem Gift, das sie als Kinder schlucken mussten, die Welt weiter vergiften.

Ein neues Buch von Alice Miller, Jenseits der Tabus, 2009, exclusiv im Internet