Kinderschutz
Sunday 03 August 2008
Sehr geehrte Frau Miller,
ich weiß Sie werden mit Leserbriefen bombardiert, trotzdem wende ich mich an Sie und würde mich über eine Antwort sehr freuen.Vier Fragen habe ich bzgl. Kinderschutzorganisationen, einem Gesetz gegen Kindesmißhandlung in Deutschland und einer Webseite für Gefangene.
1. Die sehr informative Antwort „Winterhoff & Co.“ auf mein Posting vom 19. Juli 08 hat mich gefreut. Leider konnte ich über Google die genannte Kinderschutzorganisation „Why didn’t someone tell me?“ nicht finden. Haben Sie Infos über diese Organisation? Ich plane, eine Kinderschutzorganisation zu gründen und interessiere mich daher für solche Organisationen.
2. In Ihrem Buch „Abbruch der Schweigemauer“ erwähnen Sie auf S. 144 unten das Unvermögen u.a. des Kinderschutzbundes. Hat sich in der Zwischenzeit etwas geändert?
3. In dem gleichen Buch erwähnen Sie, dass es noch immer kein Gesetz in Deutschland gibt, dass das Schlagen von Kindern verbietet. Nun musste ich beim Lesen dieses Abschnitts als Juristin an das Strafgesetzbuch denken, und den Tatbestand der Körperverletzung. Auch Kinder fallen hierunter. Mich würde interessieren warum Sie es als notwendig erachten, dass es noch einmal einen spezielleren Tatbestand für das Schlagen von Kindern gibt?
4. In „Am Anfang war Erziehung“ machen Sie auf S. 234 den Vorschlag, Strafgefangenen malen oder bildhauern zu ermöglichen. Wäre Schreiben auch eine Möglichkeit für Gefangene ihre erlittenen Misshandlungen kreativ auszudrücken? Ich denke dabei an eine Webseite a la „Listen to the hole story“ für Strafgefangene, auf der sie sich durch Schreiben auch öffentlich ausdrücken können- es wäre eine Art öffentliches Tagebuch. Vielleicht hat hier jemand Lust mir mir so etwas aufzubauen? Die Gesellschaft würde dadurch sehen, dass Mörder nicht als solche geboren werden. Würde das Sinn machen oder würde ein solches Forum missbraucht werden?
Ich bitte um Nachsicht, falls ich Fragen stelle, die Sie bereits irgendwo beantwortet haben. Ich habe noch nicht alle Ihre Bücher und Artikel gelesen. Lediglich ein Verweis auf ein Buch/ Artikel von Ihnen, der die Fragen beantwortet, würde mich auch schon freuen.
Vielen, vielen herzlichen Dank für Ihre Arbeit!
Herzliche Grüße
P.S. Ihre Bücher haben das Leben meines Mannes und meines sooo verändert. Was ein Glück, dass wir das Attachment Parenting mit unserer Tochter leben. Es ist fast witzig- aber genau deswegen gab es in der Familie großen Ärger, Stichwort „Verwöhnung“ des Kindes. Durch Ihre Bücher bekamen wir Rückenstärkung und haben u.a. unseren Eltern einen klärenden (wahren!!!) Brief geschrieben- und, plötzlich ist man Familienlos. Keiner ruft an, keiner meldet sich, nur weil wir es wagten die Wahrheit zu sagen. Wir sind Ihnen so dankbar! Auch sonst sind wir mutiger geworden und sprechen Eltern direkt an, wenn wir erleben, wie Eltern respektlos mit ihren Kindern umgehen. Wir machen uns sehr beliebt 😉 aber es ist so, wie Sie schreiben, Babies & Kinder haben keine Lobby oder Anwälte.S.S.
AM: Danke für Ihr Interesse. Leider kenne ich die Organisation, nach der Sie fragen, nicht. Auch das Buch ist mir unbekannt. Was den Kinderschutz betrifft, so meine ich, dass sich nichts geändert hat in den letzten dreissig Jahren. Ihre Meinung, dass Kinder schon durch das Gesetz über Körperverletzung geschützt sind, teile ich nicht, weiil es viele Misshandlungen ohne sichtbare Verletzungen gibt, denken Sie an die schrecklichen Vernachlässigungen, von denen wir ja ständig hören. Da beim Kind die Gewalt straflos angewendet wird, wenn sie als Erziehung getarnt wird, brauchen wir UNBEDINGT ein Gesetz, das Kinder vor dem Sadismus der Eltern schützt. Auf dieser Seite erfahren ja leider genug über diesen Sadismus.
Ihre Idee, eine Webseite zu gründen, auf der Gefangene über ihre Kindheit erzählen würden, finde ich ganz ausgezeichnet. Man könnte auch eine Webseite für chronisch leidende Patienten anbieten, die den Medizinern keine körperlichen Ursachen liefern. Es müsste jemand bereit sein, vielleicht ein genzes Team, um diese Briefe empathisch zu beantworten, Menschen, die den Mut haben, ihr eigenes Leiden der Kindheit nicht zu verleugnen und die die verheerenden und oft lebenslangen Folgen des Schlagens ernst nehmen.